Generalkonsulat der Russischen Föderation in Hamburg. (Others)
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Als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Bediensteter aus Russland hat die Bundesregierung Moskau den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt. Vom Jahresende an dürfe Russland damit nur noch die Botschaft in Berlin und ein weiteres von bislang fünf Generalkonsulaten betreiben, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Russische Generalkonsulate gibt es in Bonn, Frankfurt, Hamburg, Leipzig und München. Russland entscheide selbst, welches davon erhalten bleibe, machte der Sprecher deutlich. Für Russen in Deutschland gibt es damit weniger Anlaufstellen, um etwa neue Pässe zu beantragen.

„In Berlin sollte niemand daran zweifeln, dass diese unüberlegten Provokationen unsere entsprechende Reaktion nach sich ziehen werden», teilte das Außenministerium am Abend mit. In der Mitteilung hieß es, dass die Konsulate in Frankfurt, Hamburg, Leipzig und München geschlossen werden sollen. Demnach würde die Stelle in Bonn, frühere Bundeshauptstadt, bestehen bleiben. Zuvor hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Bundesregierung wiederholt eine russlandfeindliche Politik vorgeworfen. Nicht Moskau, sondern Berlin habe mit den „feindlichen Handlungen” begonnen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Berlin hingegen verteidigte die weitere Zuspitzung der Lage. Die russische Regierung sei „einen Schritt der Eskalation gegangen», indem sie die deutsche Gesamtpräsenz in Russland auf 350 Personen begrenzt habe. „Und diese ungerechtfertigte Entscheidung zwingt die Bundesregierung zu einem sehr erheblichen Einschnitt in allen Bereichen ihrer Präsenz in Russland”, sagte der Ministeriumssprecher. Die Bundesregierung habe entschieden, die deutschen Generalkonsulate in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk zu schließen. Es solle eine Minimalpräsenz der Kulturmittler - etwa an der deutschen Schule in Moskau und am Goethe-Institut - aufrechterhalten werden. Die Deutsche Botschaft Moskau und das Generalkonsulat in Sankt Petersburg würden aufrechterhalten.

Deutschland verlangt Schließung von vier russischen Generalkonsulaten bis Ende 2023

„Für die russische Präsenz in Deutschland gilt unsere Entscheidung reziprok, um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sowohl personell als auch strukturell sicherzustellen. Darum haben wir entschieden, die Zustimmung zum Betrieb von vier der fünf in Deutschland betriebenen russischen Generalkonsulate zu entziehen», sagte der Sprecher. „Dies wurde dem russischen Außenministerium heute mitgeteilt und Russland aufgefordert, die Abwicklung der vier Generalkonsulate in der Bundesrepublik Deutschland umgehend zu veranlassen und bis spätestens zum 31.12.2023 abzuschließen.”

Die Reaktion auf das russische Vorgehen sei in der Bundesregierung eng abgesprochen worden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung hatte zuvor schon deutliche Kritik an der Entscheidung Moskaus geübt, eine Obergrenze für deutsche Staatsbedienstete in Russland einzuführen. Der neue russische Beschluss führt dazu, dass mehrere Hundert deutsche Staatsbedienstete wie Diplomaten, Lehrer und Beschäftigte des Goethe-Instituts Russland verlassen müssen. Die Obergrenze tritt Anfang Juni in Kraft und trifft neben dem diplomatischen Dienst vor allem den Kultur- und Bildungsbereich. So müssen unter anderem Stellen an der Deutschen Schule in Moskau und am Goethe-Institut in Russland gestrichen werden.

Das Goethe-Institut ist nach eigenen Angaben seit 30 Jahren in Russland aktiv mit Instituten in Moskau und Sankt Petersburg sowie seit 2009 in Nowosibirsk. Betreut werden etwa 20 Sprachlernzentren und rund 10 000 Deutschlehrerinnen und -lehrer mit bisher knapp zwei Millionen Deutsch-Schülerinnen und -Schülern. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind Kooperationen mit staatlichen Stellen gestoppt, Sprachkurse und Prüfungen wurden noch angeboten.

Goethe-Institute kämpfen trotz Reduktion um Qualität und offenen Austausch

Aus Sicht der Präsidentin des Goethe-Instituts, Carola Lentz, zieht die Aufforderung zur Reduktion „drastische Einschnitte in allen Bereichen der Arbeit unserer drei Institute mit sich”. Sie sieht darin ein „Einreißen letzter zivilgesellschaftlicher Brücken». Generalsekretär Johannes Ebert kündigte an, „auch mit reduzierter Präsenz die Qualität des Deutschunterrichts und von Deutschprüfungen zu unterstützen und ein - wenn auch räumlich begrenzter - Ort des offenen Austauschs zu bleiben”.

Die Institute in Moskau und Sankt Petersburg sollen weiterarbeiten und etwa die Bibliotheken geöffnet bleiben. In Nowosibirsk müssten die Räumlichkeiten aufgegeben werden, hieß es. Dort soll eine Kontaktstelle eingerichtet werden. Deutschland und Russland hatten im Zuge ihrer schweren Spannungen in der Vergangenheit immer wieder gegenseitig Diplomaten ausgewiesen. Schon jetzt sind die Vertretungen stark ausgedünnt, die Dienstleistungen für deutsche Staatsbürger sind reduziert oder mit längeren Wartezeiten etwa bei der Ausstellung von Dokumenten verbunden. Die Lage hat sich mit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine deutlich verschärft.

Mit der Entscheidung macht die Bundesregierung deutlich, dass auch Deutschland andere Saiten aufziehen kann. Als Treiber dieser Eskalation wird die russische Führung gesehen. Die Bundesregierung lässt allerdings auch erkennen, dass eine noch weitergehende Zuspitzung nicht befördert werden soll. „Aus Sicht der Bundesregierung ist mit der nun hergestellten personellen und strukturellen Parität der Präsenzen diese Thematik abgeschlossen”, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch.

Russland hingegen sieht die Beziehungen bis zum Zerreißen gespannt. „Die Bundesregierung hat sich bewusst für die Zerstörung der bilateralen Beziehungen entschieden, indem sie innerhalb weniger Monate einen einzigartigen und von mehreren Generationen von Politikern, Bürgern und Diplomaten beider Länder aufgebauten Bestand an Instituten und Mechanismen für Dialog und beiderseitig vorteilhafte Zusammenarbeit vernichtete oder komplett lahmlegte”, sagte Sacharowa. Sie ließ allerdings unerwähnt, dass Russland selbst zahlreiche deutsche Nichtregierungsorganisationen für „unerwünscht” erklärt und damit praktisch verboten hat.

dpa