Bundesamt für Verfassungsschutz. (dpa)
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Dem Inlandsgeheimdienst zufolge handelt es sich bei der PKK ungeachtet ihres Verbots um die „mitgliederstärkste und schlagkräftigste Organisation im auslandsbezogenen Extremismus in Deutschland“. Die Verfassungsschützer bescheinigen der militanten Gruppierung ein Mobilisierungspotential, das trotz der Corona-Pandemie „weit über die eigene Anhängerschaft“ hinausreicht. Der deutsche Inlandsnachrichtendienst weist des Weiteren darauf hin, dass die extremistischen Organisationen mit Auslandsbezug gemäß den Vorgaben der zentralen Organisationseinheiten aus ihren Herkunftsregionen handeln. Denn Politik, Strategie und weitere Aktionen der in Deutschland tätigen PKK werden vorwiegend im Ausland bestimmt. Folglich sind die Befehle, die PKK-Mitglieder unter anderem aus dem Kandil-Gebirge und anderen Rückzugsorten erhalten, auch eine ernstzunehmende Sicherheitsgefahr für den inneren Frieden Deutschlands.

Trotz Verbots weiter aktiv

Auf ihrer Internetpräsenz berichten die Verfassungsschützer, dass der PKK wie in den beiden Jahren zuvor derzeit rund 14.500 Personen in Deutschland zugeordnet werden und die Organisation hier seit 1993 einem Betätigungsverbot unterliege. Seit 2002 werde sie zudem auf der EU-Terrorliste geführt. Zur Struktur der terroristischen Vereinigung sagt der Inlandsgeheimdienst, dass sich die PKK in vier Sektoren („Saha“), neun Regionen („Eyalet“) und 31 Gebiete („Bölge“) aufgliedere, in denen jeweils ein Führungsfunktionär die teils kriminellen teils legalistischen Aktivitäten leite.

Gefährdung des inneren Friedens

Welche Gefahr die PKK für die innere Sicherheit bedeutet, lässt sich zudem anhand der Zahl der „politisch motivierten Straftaten im auslandsbezogenen Extremismus“ ausrechnen. Erkennbar ist dabei, dass die Straftaten von mutmaßlichen PKK-Anhängern fast die Hälfte aller Delikte ausmachen: „Die meisten Straf- und Gewalttaten ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen (203; 2020: 130) und Berlin (162; 2020: 89). Mit 311 Delikten stehen rund 40 % aller Straftaten (776 Delikte) im Zusammenhang mit der PKK, davon 160 Verstöße gegen das Vereinsgesetz, aber auch neun Körperverletzungen, neun Landfriedensbrüche und 49 Sachbeschädigungen.

PKK-Jugend dient als Agentur zur Anwerbung von Terroristen

Daneben verweist der Nachrichtendienst darauf, dass Gewalt nach wie vor ein Mittel der PKK-Ideologie ist. „Das wird nicht zuletzt durch in Deutschland durchgeführte Rekrutierungen für die Guerillaeinheiten deutlich.“ Die PKK bemühe sich „weiterhin intensiv darum, in Deutschland Personen für die Guerillaeinheiten der Organisation anzuwerben. Vor allem die Jugendorganisation der PKK ist maßgeblich für die Rekrutierungsaktivitäten in Deutschland und Europa verantwortlich“ und bestrebt, „insbesondere jugendliche Anhänger zu indoktrinieren und für den bewaffneten Kampf zu rekrutieren“, so die Verfassungsschützer.

Kanonenfutter für die PKK aus Deutschland und Europa

Die Mehrheit der ausreisewilligen Terroristen, die rücksichtslos als Kanonenfutter oder gar für Selbstmordattentate missbraucht werden, wird durch PKK-Kader angeworben. Eine besondere Bedeutung kommt hier der PKK-Jugendorganisation „Komalên Ciwan“ / „Tevgera Ciwanên Şoreşger“ (TCŞ/YDG-H) zu. Über die Rekrutierungsstationen stellt der deutsche Inlandsnachrichtendienst fest: „In Europa werden geeignete Personen nach erfolgreicher Anwerbung zunächst in Rekrutierungscamps meist im benachbarten europäischen Ausland geschult. Diese beinhalten sowohl ideologische Schulungen als auch Prüfungen der grundsätzlichen Tauglichkeit für den bewaffneten Kampf. Im Anschluss werden die Rekruten in die Kampfgebiete geschickt.“

Gefahr für Deutschland: 150 zurückgekehrte PKK-Terroristen

Seit Juni 2013 hätten sich so rund 295 Personen aus Deutschland in die Krisengebiete Syriens und des Iraks, zum Teil auch in den Osten der Republik Turkiye begeben, um dort mit Waffengewalt die PKK zu unterstützen. Von den Ausgereisten seien mittlerweile rund 150 Personen wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Es steht außer Frage, dass zurückgekehrte Terroristen eine große Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands darstellen. Diese Personengruppen müssen genauso wie zurückgekehrte Deash-Terroristen entweder direkt an den Bundesgrenzen festgenommen oder durchgängig observiert werden. Diese Leute sind tickende Zeitbomben, die nur auf einen Befehl warten, um irgendwo in Deutschland zuzuschlagen. Solche kampferfahrenen und an schweren Waffen ausgebildeten Personen können Deutschland und Europa wie ein Bumerang treffen. Deshalb ist es wichtig, sowohl die Rekrutierung als auch die Ausreise von PKK-Unterstützern von vornherein zu unterbinden. Hierzu gehört auch Präventionsarbeit, die aus anderen Phänomenbereichen bekannt ist, allerdings im Falle der PKK bisweilen wenig bis gar keine Anwendung findet.

Auch Deutsche unter den PKK-Terroristen

Zudem seien von den ausgereisten PKK-Terroristen mehr als 30 Frauen und Männer nach Informationen der Sicherheitsdienste in den Kampfgebieten getötet worden. Darunter befänden sich auch deutsche Staatsbürger ohne Migrationshintergrund (Ivana Hoffmann, Codename: Avasin Tekosin Günes; Kevin Joachin, Codename: Dilsiz Bohar; Günther Hursten, Codename: Rustem Cudi; Anton Lescheckle usw. Die Verfassungsschützer halten fest: „Allein 2019 wurden mindestens vier Fälle bekannt, in denen deutsche Staatsangehörige im Einsatz für die Guerillaeinheiten der PKK ums Leben gekommen sind“.

Aufhebung des Betätigungsverbots steht nicht zur Debatte

Nichtdestotrotz strebt die PKK in Deutschland gemeinsam mit ihr nahestehenden Organisationen und Parteien eine Aufhebung des Vereins- und Betätigungsverbot an. So hat kürzlich eine Abgeordnete der Partei Die Linke eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt und sich über eine Neubewertung oder gar mögliche Aufhebung eines Verbots erkundigt. In der Antwort, die sie direkt aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) erhielt, wurde festgehalten, dass der strategische Gewaltverzicht der Terrororganisation in Deutschland nur ein Täuschungsversuch sei. „Vielmehr geben die Aktivitäten der PKK im Hinblick auf die logistische und finanzielle Unterstützung der Gesamtorganisation ebenso Anlass zur Sorge wie zum Beispiel die Rekrutierung junger Menschen in Deutschland für den bewaffneten Kampf im Ausland.“ Dadurch unterstreiche die Organisation eindrücklich, dass ihr Gewaltverzicht in Deutschland lediglich eine strategische Option sei, so das BMI. „Es kann also keinesfalls von positiven Veränderungen gesprochen werden, die Anlass zu einer Neubewertung der PKK geben. Im Ergebnis stellt sich daher auch nicht die Frage nach einer Aufhebung des Betätigungsverbots der PKK.“

Finanzierung der PKK mit Steuermitteln der EU

Einen faden Beigeschmack hinterlässt der Umstand, dass die Aktivitäten der PKK teils mit Steuergeldern aus den EU-Staaten und damit auch aus Deutschland bezahlt werden. So weist der Politologe Walter Posch vom Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie in Wien in der „Zeit“ darauf hin, dass die PKK indirekt über Drittmittel aus EU-Ländern finanziert werde, die über sogenannte „Kulturvereine“ und unter dem Deckmantel der Demokratieförderung den Weg ins türkisch-syrisch-irakische Grenzgebiet fänden. „Dort kontrollieren PKK-Einheiten und Verbündete wichtige Straßen und Grenzübergänge. Durch Hilfeleistung bei illegaler Einwanderung, Drogen- und Menschenhandel“ gehörten die Grenzposten zu den Haupteinnahmequellen der PKK. Laut Zeitung werde das auch in den Berichten der Polizeibehörde der Europäischen Union (Europol) bestätigt. Deshalb liegt ein entschlossenes Vorgehen gegenüber der PKK im ureigenen Interesse der EU und ihrer Mitgliedstaaten.

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