Hamsterkäufe in Deutschland (dpa)
Folgen

Im Mai haben sich Waren und Dienstleistungen um durchschnittlich 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat verteuert, so das Statistische Bundesamt. Einen Monat zuvor hatte die Inflationsrate noch bei 7,4 Prozent gelegen. Seit nunmehr drei Monaten in Folge liegt die Teuerung bei über sieben Prozent. Die Statistiker merken an: „Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind insbesondere die Preise für Energie merklich angestiegen und beeinflussen die hohe Inflationsrate erheblich. So stiegen die Energiepreise im Mai 2022 um 38,3 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch die Preise für Nahrungsmittel stiegen mit +11,1 % überdurchschnittlich.“ Und weiter: „Hinzu kommen die preistreibenden Effekte unterbrochener Lieferketten infolge der Corona-Pandemie.“

Kriege mitverantwortlich für Inflation

Ähnlich hoch wie jetzt war die Geldentwertung in Deutschland 1973/74, als infolge der ersten Ölkrise die Erdölpreise ebenso stark stiegen. Heute wird der Konflikt in der Ukraine als Hauptursache für die extreme Inflation genannt. Seinerzeit war der Grund für die Preisexplosion der Jom-Kippur-Krieg, bei dem Ägypten, Syrien und weitere arabische Staaten die 1967 von Israel besetzten Gebiete zurückerobern wollten, aber letztlich mit ihrem Plan scheiterten. Die im OAPEC (Organization of Arab Petroleum Exporting Countries) organisierten arabischen ölproduzierenden Staaten beschlossen daraufhin, ihre Förderung drastisch zu drosseln und ein Embargo zu verhängen. Die OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) schloss sich dem Ölboykott an, sodass der Ölpreis um das Vielfache stieg.

Autofreie Sonntage und Tempolimits

Deutschland, das stark abhängig vom Öl war und nach wie vor ist, musste mit den sogenannten „autofreien Sonntagen“ als neue Sparmaßnahme vorlieb nehmen. An den vier Sonntagen vom 25. November bis zum 16. Dezember 1973 blieb das Auto stehen, und die Menschen, samt der vielen Schaulustigen, spazierten über die wie leergefegten Autobahnen. Schon damals wurden genauso wie heute Tempolimits diskutiert und im Gegensatz zu heute auch gesetzlich umgesetzt.

Kommt eine erneute Geschwindigkeitsbegrenzung?

Die Umweltministerinnen und Umweltminister der Bundesländer haben sich zwar vor einigen Wochen für ein Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. Ob aber aus diesem gut gemeinten Vorschlag der Länderminister ein wirkliches Gesetz wird, bleibt abzuwarten. Denn der Beschluss der Minister richtet sich gegen die Ampel-Regierung und dort besonders gegen die Forderungen des kleinsten Koalitionspartners, der FDP. Die Bundesregierung hatte die Forderung nach einem Tempolimit besonders wegen des Widerstands der Liberalen nicht in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Allerdings muss man eingestehen: Die Begründung der Länder klingt durchaus plausibel: Angesichts des Konflikts in der Ukraine und des explodierenden Ölpreises ist das Energiesparen unvermeidlich. Das Tempolimit wäre „eine kostengünstige, schnell umsetzbare und sofort wirksame Maßnahme“, um den Kraftstoffverbrauch und die Abhängigkeit von Importen zu verringern, hieß es im Beschluss.

Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Inflation

Die Bundesregierung hat bereits einige Entlastungspakete auf den Weg gebracht und plant weitere Hilfsmaßnahmen, um die Teuerung in Deutschland wenigstens ein wenig abzufedern. Dazu gehören beispielsweise die geplanten Zuschüsse für Heiz- und Stromkosten. Sozial schwächer gestellte Bürger, die kein Harz IV empfangen, aber dafür zwischen Oktober 2021 und März 2022 mindestens einen Monat lang Wohngeld bezogen haben oder beziehen, sollen nach einem Gesetzentwurf mit einer einmaligen Heizkostenpauschale von mindestens 270 Euro unterstützt werden. Etwa 710.000 Wohngeldempfänger könnten davon profitieren. Das ist sinnvoll. Als eine Solidargemeinschaft ist es nur konsequent, sich gegenseitig zu unterstützen. Das unterscheidet Deutschland zum Glück von turbokapitalistischen Staaten, wo vielleicht jeder „seines Glückes Schmied“ ist, wo man zwar „vom Tellerwäscher zum Millionär“ aufsteigen kann, wo die Wahrscheinlichkeit allerdings auch groß ist, ohne eine Krankenversicherung einsam und hilflos ohne Unterstützung zu sterben. Eine weitere Entlastung für die Verbraucher ist der Wegfall der EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022. Die Stromanbieter müssen die Absenkung in vollem Umfang an die Endverbraucher weitergeben. Laut Bundesregierung wird eine vierköpfige Familie durch die Absenkung im Vergleich zu 2021 um rund 300 Euro pro Jahr entlastet. Die einmalige Energiepreispauschale von weiteren 300 Euro, die ab September 2022 mit dem Gehalt ausgezahlt werden soll, ist eine weitere Maßnahme der Regierung zur Abfederung der Preisexplosion. Leider werden dabei Rentner und Studierende außen vor gelassen. Hier hätte die Koalition soziale Kriterien beherzigen müssen.

Sinnvoller Vorschlag von Arbeitsminister Heil

Familien mit Kindern dürfen sich zudem über einen Kinderbonus freuen. Für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, gibt es eine Einmalzahlung von 100 Euro, die im Juli 2022 überwiesen werden soll. Daneben könnte das 9-Euro-Ticket viele Menschen dazu bewegen, auf Bus und Bahn umzusteigen anstatt mit dem Auto zu fahren. Außerdem plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zum 1. Januar 2023 ein sozial gestaffeltes Klimageld. Danach sollen Alleinverdiener mit einem Bruttoeinkommen von bis zu 4000 Euro einmal jährlich eine feste Entlastungssumme als sogenanntes „Klimageld“ erhalten. Bei Paaren soll die Grenze bei 8000 Euro liegen. Der Vorschlag von Arbeitsminister Heil ist eben kein Etikettenschwindel, wie manch ein Kommentator es nennt. Heil denkt hier bewusst an die mittleren und unteren Einkommen. Hierzu zählen vor allem Geringverdiener, Sozialhilfe- und Wohngeldempfänger, Rentner mit geringen Bezügen und kinderreiche Familien. Denn diese Menschen sind die Hauptleidtragenden der neuen Pandemie: Der Inflationspandemie.

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