Der französische Staatschef Emmanuel Macron hat eine Videokonferenz mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. (AP)
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Die Biographie des Russen Wladimir Putin hat wahrscheinlich schon öfters Europas Intellektuelle getäuscht. Putin begann sein berufliches Wirken in der alten Sowjetunion, beim KGB, was vermuten ließe, dass er eine Einstufung als kommunistisch erhielt. Wie hätte damals jemand dem KGB beitreten können, ohne vom System als pro-kommunistisch kategorisiert zu werden? Wie auch immer die Mutmaßungen ausfallen, also ob Putin einmal „links“ war, letztlich ist Putin als ein Politiker in der Rechten angekommen. Denn Putin kann und muss heutzutage als ein zentraler Akteur der internationalen Rechten angesehen werden, und Putin ist jemand, der gerne seine Kontakte zu Rechtspopulisten in Europa (und darüber hinaus) pflegte und pflegt. Viele der sogenannten „Putin-Versteher“ im Westen haben das anscheinend nicht verstanden. Putin gilt gegenwärtig politisch als ein Autokrat, der sich bereits in seiner vierten Amtszeit als Präsident befindet (und dazwischen auch mehrfach Ministerpräsident war). US-Präsident Biden nannte Putin unlängst einen „Diktator“, eine Meinung, die Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian bereits kurz zuvor vertreten hatte.

Das große gemeinsame Foto von Marine Le Pen und Wladimir Putin

Dieses Foto ging um die Welt. Im März 2017, wenige Wochen vor der damaligen Präsidentschaftswahl in Frankreich, traf sich Frankreichs Rechtsaußen Marine Le Pen mit Putin in Moskau. Freundlich lächelten beide in die Kamera, begleitet von einem festen Händedruck. Begleitet wurde dieses Treffen von mehreren politischen Aussagen. Angeblich gab es kurzzeitig folgenden Tweet des russischen Senders LifeNews: „Moskau wird Le Pen helfen, Wahlen zu gewinnen“. Le Pen ihrerseits äußerte, sie empfinde Russlands Annexion der Halbinsel Krim nicht als illegal, und kritisierte die deshalb eingeleiteten Sanktionen des Westens gegenüber Russland. „Meine Position zu den Beziehungen unserer zwei Länder ändert sich nicht, und ich hoffe, dass ich diese Haltung in zwei Monaten vorantreiben werde“, unterstrich Le Pen. Sie verlor 2017 dann aber doch gegen Macron.

Die große Peinlichkeit für Marine Le Pen

Am 24. Februar 2022 eröffnete Putin den grausamen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Es war der Tag, der „alles änderte“. Diese Invasion kam für viele überraschend, dabei hätte nur der Artikel gelesen werden sollen, den Putin 2021 verfasste (zumindest aber mit seinem Namen zeichnete) und in welchem er seine Ansichten zur Ukraine darlegte, gipfelnd in der These einer „historischen Einheit von Russen und Ukrainern“. War dieser Text einigen der Putin-Verstehern nicht bekannt? Denn die Geschichte lehrt, dass politische Texte, verfasst von Autokraten, jedenfalls schon gelesen werden sollten.

Jedenfalls für Frankreichs Putin-freundliche Rechte entstand damit aber im aktuellen Präsidentschaftswahljahr mit der Ukraine-Invasion auf einmal ein großes Problem. Marine Le Pen hatte eine farbige Wahlbroschüre produzieren lassen, in welcher erneut jenes alte Foto von ihr mit Putin zu sehen ist und daneben ein Text steht, in welchem sie behauptet: „Entschlossen, Frankreich seine Größe und Unabhängigkeit zurückzugeben, verteidigt Marine unsere Interessen gegenüber der Brüsseler Kommission, insbesondere auch seit sie Mitglied des Europäischen Parlaments ist. Seit fünfzehn Jahren arbeitet sie daran, starke und dauerhafte Beziehungen zu vielen Staatsoberhäuptern und Verantwortlichen für patriotische Bewegungen in Europa aufzubauen.“

Es gab Gerüchte, ob diese Wahlbroschüre hätte eingestampft werden sollen. Marine Le Pen verneint das. Letztlich distanzierte sich Le Pen vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Hingegen Éric Justin Léon Zemmour, der andere Rechtsaußen-Bewerber für die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich, formulierte eigentümliche Positionen gegenüber Putins Ukraine-Invasion und sagte: „Sollte Putin schuldig sein, so ist der Westen verantwortlich dafür.“ Außerdem ist er gegen eine Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in Frankreich und fordert, dass diese in Polen bleiben sollen.

Das „Déjà-vu“ einer Wiederwahl von Emmanuel Macron

Die laufenden Umfragen sprechen eine eindeutige Sprache. Macron, von seinem Profil her ein liberaler Politiker, führt derzeit demoskopisch so eindeutig wie nie zuvor. In der Stichwahlrunde wird er wahrscheinlich wieder gegen Rechtsaußen Le Pen antreten, oder es wird der Rechtsaußen Zemmour oder die Konservative Valérie Pécresse sein. Alles scheint aber auf ein „Déjà-vu“ von 2017 hinauszulaufen, denn die Prognose hier lautet, dass es 2022 wieder Macron sein wird, der die Stichwahl zum Präsidentenamt gewinnt.

Abschließend sei angemerkt:

P.U.T.I.N.: Power Unter Tyrannei Ist Nichtig (Power Under Tyranny Is Nefarious).

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