6.04.2021, Bayern, Schweinfurt: Der Angeklagte steht neben seinem Anwalt Michael Tröger (l.) und hält sich im Gerichtssaal einen Ordner vor das Gesicht. Der 49-jährige Mann muss sich wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Zwangsprostitution vor dem Landgericht verantworten. (dpa)
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Kurz vor Mitternacht muss sich das Mädchen auf einem Autobahnparkplatz in Unterfranken für sexuelle Handlungen anbieten. Ein Lastwagenfahrer nimmt das Angebot an. Als Gegenleistung gibt es fünf Euro und eine Packung Zigaretten. Diese erhält ein anderer Mann - der Lebensgefährte der Mutter des Mädchens. Er hatte das Kind auf den Parkplatz gefahren und ein Handy mitgegeben, um den Missbrauch mitzuhören.
Am Donnerstag wurde der 49-Jährige unter anderem wegen schwerer Zwangsprostitution und schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt (Az.: 12 Js 8837/20). Zudem wurde er des Herstellens von kinderpornografischen Schriften schuldig gesprochen. Das Opfer war bei den Übergriffen zwischen neun und elf Jahre alt. „Da fehlen einem die Worte“, sagte die Vorsitzende Richterin Angelika Drescher.
Das Landgericht Schweinfurt sah es als erwiesen an, dass der Deutsche selbst die Tochter seiner Lebensgefährtin in Dutzenden Fällen schwer sexuell missbraucht hatte - in der Wohnung, auf Camping- oder Fahrradausflügen. Die Taten erfolgten über zwei Jahre hinweg und wurden zum Teil fotografiert und gefilmt. Der Verurteilte habe die Vorwürfe umfangreich, aber nicht vollständig eingeräumt, so die Richterin.
Der Lastwagenfahrer, der das Mädchen im Sommer 2020 missbraucht haben soll, ist den Ermittlern noch unbekannt. Schon am nächsten Tag sei der Lebensgefährte der Mutter, den das Opfer laut Richterin auch „Papa“ genannt haben soll, erneut zu einem Autobahnparkplatz gefahren. In dieser Nacht lehnten alle Männer das Angebot ab. Einer informierte die Polizei.
Die Übergriffe zwischen Sommer 2018 und Sommer 2020 soll die Mutter gebilligt haben. Die 39-Jährige muss sich wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Unterlassen in einem gesonderten Verfahren verantworten. Der Beschuldigte soll die Frau unter anderem gefügig gemacht haben, indem er ihr die Trennung angedroht hat.
Die Ermittler fanden zudem heraus, dass sich ein weiterer Mann an dem Mädchen in mindestens zwei Fällen vergangen haben soll - während der Lebensgefährte der Mutter dabei war. Der Prozess gegen den 50-Jährigen wegen Kindesmissbrauchs startet in der kommenden Woche.

dpa