Nach einem Missbrauchsgutachten steigt die Zahl der Kirchenaustritte in Bayern rasant an. (dpa)
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Die Zahl der Kirchenaustritte in Bayern schnellt weiter in die Höhe. Allein in München traten nach Angaben des Kreisverwaltungsreferates seit Jahresbeginn knapp 7000 Menschen aus der Kirche aus. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum rund 3300 und im Jahr 2020 rund 3800 Menschen.
Im Januar hatte die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl im Auftrag des Erzbistums München und Freising ein Gutachten vorgestellt, das weltweit Schlagzeilen machte. Es war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren.
Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, zugleich aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus – und davon, dass Münchner Erzbischöfe – darunter auch der spätere Papst Benedikt XVI. – sich im Umgang damit falsch verhalten haben.

Rasant steigende Austrittszahlen nach Gutachten zu Umgang mit Missbrauch

Seither berichten Kommunen in Bayern und auch die katholische Kirche selbst von rasant steigenden Austrittszahlen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, sagte kürzlich bei der Frühjahrsvollversammlung im Wallfahrtsort Vierzehnheiligen, die Gläubigen kehrten ihrer Kirche „in Scharen“ den Rücken.
In Nürnberg traten nach Angaben des dortigen Standesamtes in diesem Jahr bis zum 16. März schon 1050 Menschen aus der römisch-katholischen Kirche aus. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es mit 425 weniger als die Hälfte. In Würzburg traten bis Mitte März 547 Katholiken aus, 2021 waren es im gleichen Zeitraum 315. In Bamberg traten nach Angaben der Stadt in zweieinhalb Monaten bis Mitte März dieses Jahres 340 Katholiken aus der Kirche aus. 2021 waren es im ganzen Jahr 642.
Nürnberg, Würzburg und Bamberg gehören zu den Kommunen, die die Kirchenaustritte nach Protestanten und Katholiken aufschlüsseln. Andere – wie die Stadt München – geben nur Gesamtzahlen an.

Kardinal Marx will am Abend „Betroffene hören“
Das Erzbistum München und Freising hat für diesen Montagabend (19.00 Uhr) zu einer Diskussionsveranstaltung geladen mit dem Titel „Betroffene hören“, an der auch Kardinal Reinhard Marx und Mitglieder des Betroffenenbeirats der Diözese teilnehmen wollen. Der Beirat hatte Marx unlängst vorgeworfen, nach der Vorstellung des Gutachtens untätig geblieben zu sein.

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AFP