Katholische Verbände fordern Reformen: Kirche steht vor „Scherbenhaufen“ (Symbolbild) (Reuters)
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Nach Auffassung von 25 katholischen Verbänden und Reformgruppen steht die katholische Kirche wegen der vielfachen Missbrauchsfälle vor einem „moralischen Bankrott und Scherbenhaufen“. Daher müssten die Teilnehmenden des Synodalen Wegs konkrete Veränderungen einleiten, heißt es in einem am Sonntag in München veröffentlichten offenen Brief der Organisation „Wir sind Kirche“. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Initiative #OutInChurch, der Katholische Deutscher Frauenbund und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend BDKJ. Der Synodale Weg ist ein katholischer Reformdialog.

Erzbischof Marx in der Kritik

Vergangene Woche hatte die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl ihr unabhängiges Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising in den Jahren von 1945 bis 2019 veröffentlicht. Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. werden vier Verfehlungen während seiner Amtszeit als Erzbischof (1977-1982) vorgeworfen. Dem amtierenden Erzbischof Marx wird vorgeworfen, sexuellen Missbrauch nicht zur „Chefsache“ gemacht und Fälle nicht dem Vatikan gemeldet zu haben. Marx hatte am Donnerstag Versäumnisse eingeräumt und eine engere Zusammenarbeit mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission des Erzbistums angekündigt. In dem Offenen Brief, der von Betroffenen-Organisationen wie dem Eckigen Tisch unterstützt wird, heißt es weiter, dass, solange es kirchenrechtlich keine Gewaltenteilung und wirksame Kontrolle von Macht gebe, eine Selbstbindung der Bischöfe erforderlich sei. Um die zu erwartende nächste Austrittswelle noch aufzuhalten, dürfe der Synodale Weg nicht ins Leere laufen.

Missbrauchsgutachten löste ein „kirchliches Beben“ aus

Der Synodale Weg wurde 2019 zwischen Bischofskonferenz und Zentralkomitee verabredet, um einen Weg aus der Missbrauchskrise zu finden und einen Reformprozess in der katholischen Kirche einzuleiten. Die dritte Synodalversammlung soll vom 3. bis 5. Februar in Frankfurt am Main stattfinden. Die Kampagne #OutInChurch und vor allem die Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens hätten ein „kirchliches Beben“ ausgelöst, hieß es in dem Brief weiter. Angesichts der dramatischen kirchlichen Lage müssten sich die Bischöfe und Weihbischöfe mutig und verlässlich zu den einzelnen Beschlussvorlagen positionieren. «Das Kirchenvolk will endlich erste Reform-Taten sehen, keine vertröstenden Ankündigungen mehr hören.» Zuletzt hatten sich 125 Haupt- und Ehrenamtliche der katholischen Kirche als nicht heterosexuell geoutet und in dem Manifest „#outinchurch“ die Änderung der kirchlichen Sexualmoral gefordert.

epd