Mit deutlicher Missbilligung hat der Bürgermeister der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, Klaus Luger, auf ein jüngst veröffentlichtes, dreiminütiges Werbevideo des städtischen Tourismusverbandes reagiert. Die Produktion, die unter dem Motto „Linz ist Linz“ stand, treffe „nicht nur meinen Humor gar nicht“, sondern „konterkariert alle unsere bisherigen Bemühungen, Linz speziell international zu positionieren“.
Eher mit VÖEST und Chemie als mit Pöstlingbergkirche verbunden
Die Produktion nimmt weit verbreitete Vorurteile über Linz aufs Korn. Dazu gehört, dass die Stadt von Ortsfremden eher mit den mächtigen Anlagen ihrer Stahl- und Chemieindustrie als mit ästhetisch ansprechenden Ecken assoziiert wird – und dadurch auch als Touristenziel weniger beliebt ist als beispielsweise Wien oder Salzburg.
Außerdem litt das Image von Linz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch unter dem Umstand, dass Adolf Hitler auf Kosten des ihm verhassten Wien die Stadt zur „Führerstadt“ ausbauen wollte.
Gleich zu Beginn des Werbespots kommen auch Personen zu Wort, die erklären, Linz wäre „eine Stadt für Senioren“, „eine Mischung aus Stadt und Dorf“, müsse etwas für sein Image tun und sei sogar „ein bisschen rassistisch“.
„Neue Ehrlichkeit“ für Touristen „abseits der Trampelpfade“
Diese „neue Ehrlichkeit“, die Tourismusdirektor Georg Steiner zufolge in dem Video zum Ausdruck kommen soll, wird in weiterer Folge um Botschaften ergänzt, die Linz als eigentümlich und authentisch darstellen. Die oberösterreichische Landeshauptstadt wird als bewusstes Kontrastprogramm zu den Touristenmagneten wie Wien, Salzburg oder Kitzbühel in Szene gesetzt. Im Vergleich zu diesen sei Linz zwar glanzärmer, aber auch „ohne Schnick-Schnack“ dennoch weltoffen und modern.
„Wir sind bewusst neue Wege gegangen, wollen mit dieser neuen Ehrlichkeit vor allem neugierige Touristen, die abseits der Trampelpfade unterwegs sind und eine Stadt erleben wollen, wie sie ist, ansprechen“, äußerte Steiner gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“.
Social-Media-Nutzer mehrheitlich angetan
Stadtchef Luger hingegen will weder die - wenn auch nur beiläufige - Bezeichnung von Linz als „rassistisch“ hinnehmen, noch will er der Kampagne seinen Segen gegeben haben. Er wirft Steiner vor, „im Alleingang“ gehandelt und Luger im Vorfeld nicht informiert zu haben. Der Tourismusdirektor hingegen rechtfertigt sich damit, keinen Termin bei Luger bekommen zu haben.
In den sozialen Medien hingegen sind die Reaktionen auf das Video überwiegend positiv. „Als Linzer darf ich sagen: endlich mal was Neues“, schreibt ein YouTube-Nutzer. „Würde ich nicht schon in Linz wohnen, ich wär schon auf dem Weg zu einem Besuch! Und lasst euch vom lieben Bürgermeister ja nichts anderes einreden. Linz bleibt anders!“
„Langweilig ist Linz auf keinen Fall, da ist eher Salzburg langweilig“, meint ein anderer. Ein weiterer User schreibt: „Bitte bleibt standhaft angesichts des sich zusammenbrauenden Shitstorms.“ Einige Nutzer unterstreichen, dass Werbung polarisieren müsse, um aufzufallen.
Einige attestieren den Verantwortlichen hingegen auch „arrogante Selbstbeschäftigung“ oder geben zu bedenken, dass der Spot „a bissi lang für so an kurzn Schmäh“ sei – und potenziellen „Touristen entschieden zu hoch“.
5 Aug. 2021

Bürgermeister erbost: Rassismus-Vorwürfe in „ehrlichem“ Linz-Werbespot
Dicke Luft in Oberösterreichs Landeshauptstadt Linz. Der Tourismusverband hat in einem selbstironischen Werbevideo Vorurteile über die Stadt verarbeitet, etwa dass diese stinke oder „ein bisschen rassistisch“ sei. Bürgermeister Luger ist empört.
TRT Deutsch
Ähnliche Nachrichten

„Formuliere ins Kanakische“ – Eklat um Schulaufgabe im Duisburger Gymnasium
Eine umstrittene Schulaufgabe aus einer Schule in Duisburg sorgt für Aufregung. Diese dreht sich um den Begriff „Kanakisch“. Scharfe Kritik kommt auch vom Rechtsanwalt Fatih Zingal. Er sieht Handlungsbedarf bei den Schulen und Ministerien.

Verein Inssan: 206 Fälle von Islamfeindlichkeit in Berlin registriert
Der muslimische Verein Inssan hat im vergangenen Jahr weniger islamfeindliche Vorfälle registriert. Laut Angaben des Netzwerks sind Diskriminierungen jedoch nicht rückläufig. Vielmehr seien wegen der Corona-Pandemie weniger Vorfälle gemeldet worden.

Dortmund: Hitlergruß und rassistische Beleidigungen am Hauptbahnhof
Eine Frau mit 1,6 Promille hat Reisende am Dortmunder Hauptbahnhof rassistisch beleidigt und angegriffen. Einer Muslimin versuchte sie das Kopftuch wegzureißen. Auf der Polizeiwache zeigte sie den Hitlergruß und gab rechtsextreme Parolen von sich.

Österreich: Stabile Lebensmittel-Versorgung in Krisenzeiten größte Sorge
Der Krieg in der Ukraine sorgt bei vielen Österreichern für Panik. Viele fordern laut einer Umfrage von der Politik auch in Krisenzeiten eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln. Dies ist einer OGM-Umfrage zufolge die größte Sorge der Befragten.
Selbe Kategorie

Verbraucherzentralen zählen fast 50.000 Beschwerden zu Energieverträgen
Die Energiekrise hat große Auswirkungen auf Energieverträge: Bei den Verbraucherzentralen gingen im vergangenen Jahr knapp 50.000 Beschwerden ein. Am häufigsten beschwerten sich Verbraucher über die Abwicklung und die Beendigung von Verträgen.
Worüber möchten Sie mehr erfahren?
Beliebt

Rekordzahl: Weltweit über 45 Millionen Binnenflüchtlinge
Eine Rekordzahl von Menschen ist wegen Konflikten und Katastrophen auf der Flucht im eigenen Land. Das Schicksal derer, die vertrieben aber nicht über Grenzen geflüchtet sind, werde international zu wenig beachtet, erklärt eine Hilfsorganisation.