Protest gegen Rassismus in Berlin (AA)
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Fast jeden Tag ereignet sich in Berlin ein rassistisch motivierter Vorfall. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Beratungsstelle „Reachout“, über die das Portal „IslamiQ“ berichtet. Seit mehreren Jahren bewege sich die Zahl mutmaßlich rassistisch motivierter Übergriffe oder Bedrohungen stabil in einem Bereich zwischen 300 und 400 Fällen, erläutert Reachout-Mitarbeiterin Sabine Seyb.

Nach 390 Fällen im Jahr 2019 und 357 im Corona-Jahr 2020 habe die Einrichtung im Vorjahr von 353 Vorfällen Kenntnis erlangt. Seyb geht jedoch von einer erheblich höheren Dunkelziffer aus.

Rassistische Übergriffe ereignen sich auch im Wohnumfeld

Insgesamt seien in Berlin im vergangenen Jahr 620 Menschen zum Ziel von Drohungen, Beschimpfungen oder auch gewalttätigen Aggressionen geworden. Auch 44 Jugendliche und sogar 51 Kinder seien betroffen gewesen, betonte Seyb. Körperverletzungen bildeten sogar die Mehrzahl der Fälle, die Reachout registriert habe.

In 219 Fällen sei der rassistische Hintergrund eindeutig. Die gemeldeten Sachverhalte ereigneten sich häufig im öffentlichen Raum – etwa an Haltestellen, Straßen, Plätzen, Bahnhöfen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Aber auch das eigene Wohnumfeld sei oft kein sicherer Ort mehr. Übergriffe und Bedrohungen ereigneten sich vielfach auch in der Nachbarschaft.

Initiative wertet auch nicht strafbare Mikroaggressionen aus

Reachout sammelt nach eigenen Angaben Mitteilungen der Polizei, Medienberichte sowie die Aussagen von Zeugen und Betroffenen – und trägt diese am Ende des Jahres zusammen. Aus diesem Grund weichen die Zahlen der Initiative von offiziellen aus den Behörden ab. Die Polizei sprach im Vorjahr von 153 Fällen rechtsradikal motivierter Gewaltdelikte.

Entscheidend für die Erfassung sei in der Reachout-Auswertung demgegenüber die Wahrnehmung des Opfers und nicht deren finale juristische Einordnung. Entsprechend würden neben Beleidigungen, Bedrohungen, Tätlichkeiten oder rassistischen Parolen an der Wohnungstür auch sogenannte Mikroaggressionen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gezählt.

Dabei handelt es sich beispielsweise um Schikanen wie die Entfernung von Namensschildern, gestohlene Post, Müllablagerungen oder Denunziationen bei öffentlichen Stellen. Reachout fordert eine Enquete-Kommission gegen Rassismus im Abgeordnetenhaus, um entsprechenden Einstellungsmustern und ihren Erscheinungsformen längerfristig strategisch zu Leibe rücken zu können.

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TRT Deutsch