Symbolbild: Bundesagentur für Arbeit (dpa)
Folgen

Während der Corona-Pandemie hat sich die Jobsituation von Menschen mit Behinderung nach Ansicht des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung deutlich verschlechtert. Aktuell gebe es in Deutschland mehr als 170.000 Schwerbehinderte ohne Beschäftigung, sagte Jürgen Dusel am Dienstag in Berlin. Er forderte deshalb intensive Bemühungen, die Menschen in das Arbeitsleben einzubinden. Auch in Mobilitätsfragen sei Deutschland noch lange nicht barrierefrei.
„Demokratie braucht Inklusion“, mahnte Dusel eindringlich und rief zu schnelleren Fortschritten in der öffentlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung auf. „Es ist aus meiner Sicht nicht nur eine Frage von Fürsorge und Nettigkeit“, sagte Dusel. „Es geht letztlich um die Umsetzung fundamentaler Grundrechte.“
Im Arbeitsleben seien Menschen mit Behinderung auch in normalen Zeiten deutlich häufiger und länger arbeitslos als andere Menschen – und das obwohl schwerbehinderte Erwerbslose im Schnitt sogar besser qualifiziert seien als Arbeitslose ohne Beeinträchtigung.
„Von der Erholung des Arbeitsmarktes nach der Pandemie werden vor allem Menschen mit Schwerbehinderung erst ganz zum Schluss profitieren“, mahnte Dusel. Er fordert daher unter anderem höhere Ausgleichsabgaben für Unternehmen, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Gesetzliche Regelung ab Unternehmensgröße von fünf Personen
Der Gesetzgeber schreibt Unternehmen ab einer bestimmten Größe vor, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung zu besetzen. „Es gibt keinen Arbeitsplatz in Deutschland, der nicht durch einen Schwerbehinderten besetzt werden kann, wenn die Voraussetzungen stimmen“, sagte Dusel.
Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), stimmte zu: „Die Corona-Pandemie ist für schwerbehinderte Menschen, was Arbeit und Beschäftigung betrifft, katastrophal.“ Der DGB fordere daher ein kurzfristiges Arbeitsmarktprogramm für schwerbehinderte Menschen, das die negativen Corona-Effekte abfängt.
Auch im öffentlichen Nahverkehr sowie im Fernverkehr gibt es laut Dusel noch viel zu tun. Menschen mit Behinderung seien in Bus, Bahn und Zug immer noch häufig sehr eingeschränkt. Schon ein nicht funktionierender Fahrstuhl am Bahnhof könne Menschen mit Behinderung stark einschränken. Während ein nicht-behinderter Reisender seine Koffer notfalls die Treppe hochziehen könne, sei etwa ein Rollstuhlfahrer ohne Aufzug oft aufgeschmissen.
Dusel drängte hier auf schnelle Fortschritte: „Wenn wir sozusagen mit dem gleichen Tempo weitermachen, unsere Bahnhöfe zu ertüchtigen, wird es noch 30 Jahre brauchen bis der letzte Bahnhof barrierefrei ist.“

Mehr zum Thema: Karlsruhe: Gesetzgeber muss Behinderte bei Corona-Triage schützen

dpa