von Feride Tavus
Seit 17 Tagen bombardiert Israel den belagerten Gazastreifen. Nach Angaben der palästinensischen Behörden beläuft sich die Zahl der Todesopfer durch die israelischen Angriffe auf mehr als 5000 - darunter über 2000 Kinder. Palästinenser in Deutschland verfolgen die humanitäre Krise in Gaza und sind in großer Sorge um ihre Verwandten. Sie versuchen, auf die Notlage in Gaza aufmerksam zu machen und ihre Stimme zu erheben. Jamal Nazzal, Sprecher der Fatah-Bewegung in Deutschland, betont im Gespräch mit TRT Deutsch, dass Deutschland das Leid der Palästinenser nicht ignorieren sollte.
„Was am 7. Oktober geschah, war schrecklich, vor allem wegen der zivilen Opfer. Aber auch die Tage danach waren schrecklich für die Palästinenser“, sagte Nazzal. Kaum jemand verliere ein Wort über die palästinensischen Opfer israelischer Gewalt. Die Politiker würden die Palästinenser einfach nicht wahrnehmen – dies gelte auch für die deutschen Medien. Nazzal beklagte, dass die Regierung die Palästinenser daran hindere, friedlich für Palästina zu demonstrieren.

Die Politik provoziere die Palästinenser in Deutschland, indem sie ihnen keinen Raum für friedliche Demonstrationen gewähre. Schon das Hissen einer palästinensischen Flagge werde als gewalttätig betrachtet, sagte der Fatah-Sprecher. Allerdings seien diese Demonstrationen „nicht gegen Juden oder gegen Israel, sondern für die Sicherheit und Freiheit der Palästinenser“, so Nazzal. Aus Angst vor antisemitischer Stimmungsmache hätten deutsche Politiker solche Aktivitäten jedoch verboten. Nach Ansicht von Nazzal sei es völlig „irreal“, in pro-palästinensischen Demonstrationen eine antisemitische Absicht zu sehen. Genau das sei das Ziel der Politiker und der Polizei: Sie vermitteln ein falsches Bild von den Werten und Zielen Palästinas, so Nazzal.
In den USA und Großbritannien gibt es laut dem Fatah-Sprecher viele Juden, die sich für Palästina aussprechen und die israelische Politik kritisieren. Nazzal wünscht sich auch in Deutschland solche Stimmen von jüdischen Gemeinschaften.

In Bezug auf die deutsche Israel-Politik sagte Nazzal, die Regierung nehme die Entwicklungen im Nahen Osten schweigend und unkritisch hin. „Deutschland darf sich nicht blind hinter Israel stellen, sondern muss sich auch kritisch mit Israel auseinandersetzen“, unterstrich Nazzal. Die Angriffe Israels erfolgen mit „voller deutscher Unterstützung, sowohl militärisch als auch politisch“, so der Palästinenser. Es sei unklar, welche Ziele Deutschland in Bezug auf Palästina verfolge. Seit 1988 verhindere Deutschland alle friedlichen Bemühungen der Palästinenser. Wie sollen die Palästinenser unter diesen Umständen ihre legitimen Ziele durchsetzen, fragt er.
Nazzal übt auch Kritik an der Politik des israelischen Staatspräsidenten Benjamin Netanjahu. In all den Jahren habe Netanjahu die Hamas benutzt, um an der Macht zu bleiben. Dieses Vorgehen geht laut Nazzal auf das Jahr 1996 zurück, als Netanjahu an die Macht kam. Sowohl als Regierungschef als auch als Oppositionsführer habe er den Weg für Frieden blockiert. Über 90 Prozent der Opfer der Bombardierungen im Gazastreifen Zivilisten seien, betont der Fatah-Sprecher. Mit dem Einmarsch in Gaza verfolge Netanjahu das Ziel, die Palästinenser von ihrem Land zu vertreiben und die Hamas zu stürzen. Ohne die Anerkennung des legitimen palästinensischen Strebens nach Unabhängigkeit werde es aber keinen Frieden geben, so Nazzal.