Trotz Boykott: Kretschmann will Rassismus-Studie der Polizei durchziehen
Eine Studie über Rassismus und rechtsextreme Umtriebe innerhalb der Institution wurde in Baden-Württemberg von der Polizei abgelehnt. Regierungschef Kretschmann von den Grünen will diese jetzt dennoch durchführen lassen.
Archivbild. 22.06.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht bei einer Regierungspressekonferenz zu Journalisten. (DPA)

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann will die Boykott der Polizei in seinem Land mit Blick auf eine geplante bundesweite Studie zu Erfahrungen und Einstellungen von Polizeibeamten nicht hinnehmen. „Wir wollen, dass diese Studie gemacht wird“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. In fast allen anderen Bundesländern ist die vom Bund initiierte Befragung schon abgeschlossen. Nur in Hamburg hat sich ebenfalls der Hauptpersonalrat dagegen entschieden, wie „Prosieben.at“ berichtet.

Die Polizei in Baden-Württemberg boykottiert als einziges großes Bundesland die bundesweite Studie. Nach einem Veto des Hauptpersonalrats wird ein Online-Fragebogen der Deutschen Hochschule der Polizei nicht an die Dienststellen verteilt, obwohl Innenminister Thomas Strobl (CDU) für eine Teilnahme geworben hatte.

Landespolizeipräsidentin will Personalvertretung einbinden

Die Studie geht auf den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurück, der damit auf Forderungen reagierte, möglichen Rassismus und Rechtslastigkeit in der Polizei zu untersuchen. Die Untersuchung wurde dann aber deutlich breiter angelegt. Alle Innenminister der Länder unterstützen das Forschungsprojekt zu „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag“ von Polizisten.

Kretschmann will nun klären lassen, ob der Hauptpersonalrat überhaupt die Möglichkeit hat, die Teilnahme der Beschäftigten der Polizei an der Studie zu blockieren. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Die Frage ist, ob die Spitzen der grün-schwarzen Koalition die Studie nun gegen den Willen des Personalvertretung durchführen lassen wollen. Dem Vernehmen nach wollte Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz diese unbedingt einbinden, um die Akzeptanz unter den Beschäftigten zu erhöhen. Ein echtes Mitbestimmungsrecht habe der Hauptpersonalrat aber nicht. Die Teilnahme an der Umfrage wäre für alle Beamtinnen und Beamten freiwillig gewesen.

Polizeigewerkschaftschef Wendt hat Zweifel an Unabhängigkeit der Studie

Rainer Wendt, Bundeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, hält das Nein für völlig nachvollziehbar. Personalräte seien nicht dazu da, den Willen der Politik zu exekutieren, so Wendt zur dpa. Im Übrigen gebe es große Zweifel an der Unabhängigkeit der Studie der Hochschule für Polizei in Münster. Laut Wendt habe die Polizei „die Nase gestrichen voll von diesen ganzen Rassismus-Studien, die nichts anderes als den Zweck verfolgen, die ohnehin bei vielen vorhandene Auffassung zu bestätigen, dass die Polizei eine rassistische Schlägerbande sei“.
Bei der Hochschule in Münster hieß es, man sei von der Absage durch den Hauptpersonalrat nach einem halben Jahr überrascht worden. „Wir bedauern, dass wir nicht gefragt worden sind“, sagte Mitautor Jochen Wittenberg der dpa. In fast allen Ländern sei die Befragung abgeschlossen, in NRW und bei der Bundespolizei soll sie im Juli enden. Die Ergebnisse sollen laut Wittenberg bei der nächsten Konferenz der Innenminister Ende November vorgestellt werden. Mehr zum Thema: Gewerkschaft: Polizei hat „Nase voll“ von Rassismus-Studien

TRT Deutsch