Sachsen-Anhalt: Ministerpräsident Haseloff entlässt Innenminister
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff hat seinen Innenminister Stahlknecht entlassen. Er begründete die Entscheidung mit einem gestörten Vertrauensverhältnis. Ein unabgestimmtes Interview zum Rundfunkstreit ist offenbar der Auslöser.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (l.), Ex-Innenminister Holger Stahlknecht (Archivbild)   (DPA)

Der Koalitionsstreit um den Rundfunkbeitrag in Sachsen-Anhalt hat sich zu einem CDU-internen Machtkampf ausgeweitet. Ministerpräsident Reiner Haseloff entließ am Freitag Landesinnenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) und begründete dies mit einem gestörten Vertrauensverhältnis. Auslöser waren Äußerungen Stahlknechts in einem Zeitungsinterview, in dem er für den Fall eines Bruchs der schwarz-rot-grünen Koalition mit einer CDU-Minderheitsregierung gedroht hatte. Die Linkspartei forderte Haseloff auf, die Vertrauensfrage zu stellen. Stahlknecht habe während der laufenden Bemühungen des Ministerpräsidenten, die Kenia-Koalition zu stabilisieren, „unabgestimmt“ und „öffentlich den Koalitionsbruch und die Möglichkeit einer allein von der CDU gebildeten Minderheitsregierung in den Raum gestellt“, erklärte die Staatskanzlei in Magdeburg. Haseloff betonte, gerade angesichts der Corona-Pandemie sei es weiterhin sein Ziel, „eine in jeder Hinsicht handlungsfähige Regierung anzuführen“. Das dafür notwendige Vertrauensverhältnis sei durch das Vorgehen Stahlknechts „so schwer gestört, dass er der Landesregierung nicht weiter angehören kann“. Stahlknecht war seit 2011 Innenminister von Sachsen-Anhalt und ist seit gut zwei Jahren CDU-Landeschef.

Koalitionsstreit um Rundfunkbeitrag

Die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt steht auf der Kippe, weil die CDU dem neuen Medienänderungsstaatsvertrag, der eine Beitragsanhebung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum 1. Januar vorsieht, nicht zustimmen will. Auch die AfD lehnt den Staatsvertrag ab und hätte zusammen mit der CDU eine Mehrheit im Parlament. SPD und Grüne wollen der Gebührenanhebung dagegen zustimmen und warnen die CDU vor einem gemeinsamen Veto mit der AfD. In diesem Fall sehen sie keine gemeinsame Basis mehr für die Koalition. Stahlknecht sagte der „Magdeburger Volksstimme“ vom Freitag, die CDU habe zum Rundfunkbeitrag seit langem klare Positionen, „von denen sie nicht deshalb abrückt, nur weil die AfD sich mit diesen gemein macht“. Auf die Frage, welche Folgen es hätte, wenn SPD und Grüne das Bündnis aufkündigen würden, sagte Stahlknecht: „Dann käme es zu einer CDU-Minderheitsregierung und zur regulären Landtagswahl am 6. Juni 2021.“ SPD und Grüne sehen den Richtungskampf in der CDU durch die Entlassung Stahlknechts nicht beendet. Einige Kräfte in der CDU strebten „den Bruch der Koalition an, um eine Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD zu suchen“, erklärte die Grünen-Landesvorsitzende Susan Sziborra-Seidlitz.

„Wichtige Kräfte in der CDU nach rechts offen“

Die Äußerungen von CDU-Landeschef Stahlknecht hätten gezeigt, „dass wichtige Kräfte in der CDU nach rechts offen sind“, warnte auch SPD-Fraktionschefin Katja Pähle. „Eine Minderheitsregierung, die sich von der AfD abhängig macht, wäre unverantwortlich.“

Stahlknecht galt lange als möglicher Nachfolger von Haseloff. Allerdings tritt der Ministerpräsident für die CDU noch einmal als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl an. Stahlknecht, der zuletzt durch mehrere Fehltritte auffiel, hatte zunächst auf eigene Ambitionen verzichtet. Der Staatsvertrag ist am Mittwoch Thema im Medienausschusses des Landtags, der eine Empfehlung für die Mitte Dezember geplante Landtagsabstimmung abgeben soll. Ein gespaltenes Votum könnte das Ende der Kenia-Koalition einläuten. Zwar will die CDU noch erreichen, dass die Abstimmung über den Staatsvertrag abgesetzt wird und die Landesregierung diesen noch einmal neu verhandelt. Sie fordert Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, mehr Einsparungen und eine stärkere Berücksichtigung ostdeutscher Belange. SPD und Grüne beharren aber auf der Landtagsabstimmung. Damit der Staatsvertrag und damit die Beitragserhöhung in Kraft treten kann, müssen alle Länderparlamente zustimmen.

AFP