Antimuslimischer Rassismus bleibt in Deutschland ein Problem
In den letzten Jahren hat die Zustimmung zum Zusammenleben in Vielfalt und Multikulturalität in Deutschland deutlich nachgelassen. Wiederholte Angriffe auf Moscheen bereiten der muslimischen Gemeinschaft Sorgen.
Moschee-Angriffe (TRTDeutsch)

Die letzten Jahre wurden allgemein immer mehr von populistischen Diskursen und Praktiken von Politikern auf der ganzen Welt geprägt. In diesem Sinne ist im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts zu beobachten, dass die Demokratie bedrängt wird und statt der Erweiterung von Grund- und Bürgerrechten eine auf Sicherheit fokussierte Politik in den Vordergrund gerückt ist. Entsprechend nehmen in gesellschaftlichen Debatten Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus zu. Dieser Extremismus, der in der Vergangenheit nur bei bestimmten politischen Gruppen zu beobachten war, gewinnt heute in unterschiedlichen politischen Parteien an Sichtbarkeit. Dabei ist es durchaus möglich, sich ähnelnde Argumente in verschiedenen Kreisen und Ideologien zu vernehmen, egal ob Mitte-Rechts oder Mitte-Links und bei liberalen oder radikalen Demokraten. Insbesondere die Tatsache, dass Parteien, die in Europa noch bis vor kurzem als marginal eingeordnet wurden, heute als normal eingeordnet werden und in einigen europäischen Ländern sogar als Regierungsalternative gelten oder bereits Koalitionspartner sind, ist alarmierend. Selbstverständlich ist auch Deutschland von diesem negativen Wind, der weltweit weht, betroffen. Diskriminierung, Übergriffe sowie Gerichtsentscheidungen zu Lasten von Migranten und insbesondere Muslimen breiten sich tendenziell mit Krisen und dem drohenden Einbruch der Wirtschaft aus. Dabei bereitet die Verbreitung bzw. Normalisierung von Diskriminierungen gegenüber Muslimen fremdenfeindlichen, rassistischen sowie Roma-feindlichen und antisemitischen Kreisen einen Nährboden, auf dem sie sich ohne größeren Widerspruch zu Wort melden und austoben können.

Angriffe auf religiöse Einrichtungen und Lokale sind auch 2022 zu verzeichnen

Moscheen gehören zu den sichtbaren islamischen Einrichtungen in Deutschland. Angriffe auf diese muslimischen Gotteshäuser werden allgemein im Rahmen unter der Rubrik Islamophobie bzw. antimuslimischer Rassismus registriert. Offiziell werden Angriffe auf Muslime im Rahmen der Kategorie „Verbrechen mit politischem Motiv“ eingeordnet. Der erste dieser sichtbaren Angriffe auf Moscheen der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland richtete sich am 12. August 2014 gegen die Mevlana-Moschee in Berlin. Leider wurden diese und weitere Übergriffe auf Moscheen in Deutschland von den Sicherheitskräften nicht erfolgreich aufgearbeitet. Hier haben die besondere Sensibilität der im Land lebenden muslimisch-türkischen Gemeinde und ihr Bemühen, Sicherheitskräfte und Politiker ebenso zu sensibilisieren, dazu geführt, dass dem Thema inzwischen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Die Antidiskriminierungsstelle der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) erfasste für den Zeitraum von 2014 bis 2020 Moscheeübergriffe und teilte die Zahl mit der Öffentlichkeit. Demnach wurden allein 2021 insgesamt 44 Moscheen angegriffen.

Im vierten Quartal 2021 (Stand: 3. Februar 2022) meldete das Bundeskriminalamt insgesamt 171 Straftaten mit „islamfeindlichem“ Hintergrund. Demnach wurden 15 Verbrechen mit einem islamfeindlichen Motiv gegen religiöse Einrichtungen bzw. Moscheen begangen. Auch die Nichtregierungsorganisation Brandeilig (Initiative gegen Angriffe auf Moscheen) registriert jedes Jahr Angriffe auf Moscheen. Demgemäß wurden 2021 insgesamt 63 Moscheen und 2022 8 Moscheen attackiert.

Das Bundesinnenministerium berichtet zudem, dass es im ersten Halbjahr 2021 wöchentlich Angriffe auf Flüchtlingsheime gegeben habe und diese Angriffe aber im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hätten. Die Antidiskriminierungsstelle der DITIB sagt dazu, dass die Zahl dieser Übergriffe im Jahr 2020 bei 111 lag. Wie die Zahlen verdeutlichen, sind die Angriffe auf Moscheen im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen. Obwohl dieser Rückgang vordergründig eine positive Entwicklung ist, sollte berücksichtigt werden, dass selbst die registrierte Zahl von 44 ebenso alarmierend ist.

Sicherheitskräfte müssen Übergriffe wirksam bekämpfen

Die Antidiskriminierungsstelle erfasst in ihren Jahresberichten auch die Art der Angriffe auf Moscheen. Diese umfassen verschiedene Rubriken wie etwa Drohbriefe, Brandstiftung, Vandalismus wie das Einschlagen von Fenstern, Drohungen und Schändungen von Moscheen, das unerlaubte Eindringen in die Einrichtungen sowie Bombendrohungen oder etwa das Aufstellen von antimuslimischen Bannern vor der Tür der Moschee. Von insgesamt 18 Drohbriefen richteten sich 16 gegen religiöse Einrichtungen. Dabei bilden die registrierten 28 Angriffe mit islamophobem Motiv wohl nur die Spitze des Eisbergs. Etwa ein Drittel dieser Angriffe, also neun Fälle, können unmittelbar auf antimuslimischen Rassismus zurückgeführt werden. Sieben Angriffe haben einen antitürkischen und rechtsextremen Hintergrund, und vier wurden offensichtlich aus antisemitischen Motiven begangen. Diese Zahlen umfassen leider nicht alle Vorfälle im Zusammenhang mit Übergriffen auf religiöse Einrichtungen. Denn wie in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Pau, Gohlke und Bünger festgehalten, fallen unter die Rubrik „religiöse Orte/Moscheen“ ausschließlich Moscheen bzw. Gotteshäuser und eben nicht Moscheevereine bzw. andere islamische Einrichtungen. Dabei werden diese Vereine, Stiftungen und Zentren jedoch auch ins Visier genommen, weil sie als sichtbare islamische Institutionen wahrgenommen werden, ähnlich wie Moscheen.

Rechtsextreme Straftaten wie Gewalt, Hassreden und insbesondere rassistische Übergriffe haben den höchsten Stand seit 2001 erreicht. Tatsächlich sei der Anstieg der Gewaltdelikte auf 3.365 mit einem Plus von 18,8 Prozent „besonders dramatisch“, wie der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer einräumte und darüber hinaus unterstrich, dass „rechtsextreme Anschläge die größte Bedrohung für die innere Sicherheit Deutschlands“ seien.

Mit der Zunahme diskriminierender und ausgrenzender Einstellungen gegenüber Muslimen in der gesamten politischen Landschaft in Deutschland sowie der Verabschiedung von Gesetzen und Verordnungen bzw. Gerichtsentscheidungen, die die Religions- und Gewissensfreiheit muslimischer Mitbürger einschränken, gehen mit den Belästigungen physische Übergriffen und mitunter mörderische Terroranschlägen einher, etwa in Solingen oder Hanau oder die Verbrechen des NSU. Denn die vermeintlich politischen Diskurse und populistischen Debatten manifestieren sich auf der Straße in Form von tätlichen Angriffen und Übergriffen auf religiöse Institutionen.

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