Jeder achte Beschäftigte ist überqualifiziert für den Job (Symbolbild) (dpa)
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Rund jeder achte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland hat einen Job unterhalb seines eigentlichen Ausbildungsniveaus. Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Insgesamt übten Ende vergangenen Jahres 4,05 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eine Tätigkeit aus, deren Anforderungsniveau unterhalb ihrer Qualifikation lag. Das waren 12,0 Prozent der 33,74 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Bei den Minijobbern war sogar jeder Fünfte formal überqualifiziert: 911.000 von ihnen arbeiteten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. Gezählt wurden hierbei Menschen, die einen Berufsabschluss hatten, aber nur eine Helfertätigkeit ausübten, also einfache Routinearbeiten. Das waren Ende 2019 rund 2,57 Millionen Menschen. Dazu kamen 1,48 Millionen mit akademischem Abschluss, die als Helfer oder Fachkraft arbeiteten, die also für ihre Arbeit formal ihren Fachhochschul- oder Hochschulabschluss nicht gebraucht hätten. Überproportional betroffen sind Frauen und Menschen in Ostdeutschland. Bei ihnen liegen die Anteile von Arbeitnehmern mit höherer formaler Qualifikation als nötig im Vergleich jeweils über denen der Männer beziehungsweise der Menschen in Westdeutschland. Gleichzeitig geht auch rund jeder achte Beschäftigte einer Arbeit nach, für die seine formale Qualifikation eigentlich gar nicht reicht. 2,87 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss waren Ende vergangenen Jahres als Fachkraft, Experte oder Spezialist beschäftigt. Für solche Tätigkeiten braucht man üblicherweise eine zwei- bis dreijährige Berufsausbildung, einen Meisterabschluss oder sogar einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Dazu kommen 1,14 Millionen, die einen nichtakademischen Abschluss haben, aber für ihre Tätigkeit üblicherweise einen Uniabschluss bräuchten.

„Arbeiten unter Qualifikation schadet der Arbeitszufriedenheit“

Die Abgeordnete Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, richtete ihren Blick auf jene, die unter ihrer formalen Qualifikation arbeiten. „Arbeiten unter Qualifikation schadet der Arbeitszufriedenheit der Betroffenen und schmälert ihr Einkommen“, sagte sie. Tatsächlich liegt das Durchschnittsentgelt von Fachkräften nach den Daten der Bundesagentur für Arbeit 806 Euro höher als das Durchschnittsentgelt der Helfer. „Die pandemiebedingte Wirtschaftskrise und die laufende wirtschaftliche Transformation verschärfen die Situation nochmals, weil hunderttausende Menschen ihre Arbeit verloren haben und weitere ihre Arbeit verlieren werden“, sagte Zimmermann. Zudem würden Fachkräfte gebunden, die andernorts händeringend gesucht würden. Der Bundesregierung warf Zimmermann vor, seit rund 15 Jahren, also seit dem Wirken der Hartz-Reformen, auf Arbeit um jeden Preis zu setzen. In großem Stil sei so Arbeitsmarktpotenzial vernichtet worden. Besonders treffe das auf geringfügige Beschäftigung zu: „Minijobs vernichten Qualifikationen in überdurchschnittlichem Maße, ganz besonders bei Frauen.“ Die Politikerin forderte, Sanktionen gegen Erwerbslose abzuschaffen und sie besser bei der Suche nach qualifikationsgerechter Arbeit zu unterstützen. Minijobs müssten in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden.

dpa