Das „theoretische Wählerpotenzial“ der Grünen befinde sich laut Forschungsgruppe Wahlen bei bis zu 60 Prozent. (Archivbild: Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock) (Reuters)
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Der Wahlforscher Matthias Jung beziffert das theoretische Wählerpotenzial der Grünen auf bis zu 60 Prozent. „Eine Mehrheit der Bevölkerung will mehr Ökologie und Klimaschutz“, sagte der Chef der Forschungsgruppe Wahlen der „Augsburger Allgemeinen“. „Um die 60 Prozent der Wähler können sich heute grundsätzlich vorstellen, ihre Stimme auch mal den Grünen zu geben“, erklärte der Wahlforscher. Die Nominierung von Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin hatte den Grünen einen deutlichen Aufwind in der Wählergunst beschert. In den jüngsten Umfragen lagen sie vor der CDU auf dem ersten Platz. Ob die Grünen ihre guten Umfragewerten bis zur Wahl halten können, sei aber unklar, sagte Jung. „Die Halbwertszeit für politische Stimmungen ist sehr kurz geworden“, betonte der Meinungsforscher. Laut Jung punkten die Grünen zunehmend im bürgerlichen Spektrum. „Es gibt auch seit längerem keinen Streit untereinander, anders als bei Union und SPD“, sagte der Wahlforscher. „Das kommt an beim bürgerlichen Publikum, insofern kochen die Grünen heute auch mit einem früheren Erfolgsrezept der Union“, fügte er hinzu. „Bisher hatte die Union strukturell das höchste Wählerpotenzial, doch ihr Kanzlerkandidat Armin Laschet steht wahrlich nicht als strahlender Sieger der Entscheidung um Vorsitz und Kanzlerkandidat da“, sagte Jung. Davon könne nun Grünen-Chefin Baerbock profitieren, obwohl es keine richtige Wechselstimmung gebe. „Annalena Baerbock ist allerdings bei vielen Bundesbürgern noch kaum bekannt. Das trifft aber auch – außerhalb von Nordrhein-Westfalen – auf Armin Laschet zu.“ Die Personalfrage habe eine entscheidende Bedeutung. „Es wird jetzt in den kommenden Wochen immer mehr darum gehen, wem die Bürger am ehesten die Kanzler-Rolle zutrauen“, sagte Jung. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe wegen der „Dauerkrise“ seiner Partei nur Außenseiterchancen.

AFP