13.02.2020, Berlin: Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, informiert über das neuartige Coronavirus 2019-nCoV. (dpa)
Folgen

Der Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass die in Großbritannien zirkulierende neue Variante des Coronavirus Deutschland bereits erreicht hat. „Ich denke, dass das schon in Deutschland ist“, sagte Drosten am Montagmorgen im Deutschlandfunk.

„Die deutlich schnellere Übertragbarkeit, wie sie in diesem Fall vermutet wird, die würde natürlich viel verändern und deshalb ist es wichtig, den Eintrag nach Deutschland, auf Kontinentaleuropa zu unterbinden“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über mögliche Folgen für Deutschland.

„Dieses Virus ist ja jetzt gar nicht so neu. Davon darf man sich jetzt wirklich nicht irgendwie aus der Ruhe bringen lassen“, beruhigte Drosten. Das Virus komme seit Ende September in England vor und sei im Oktober noch überhaupt nicht im Fokus gewesen.

Zur neuen Virus-Variante sagte Drosten: „Ich bin darüber nicht so sehr besorgt im Moment. Ich bin allerdings auch - genau wie jeder andere - in einer etwas unklaren Informationslage.“

Die öffentlich bekannten Dokumente seien noch lückenhaft, das würden britische Wissenschaftler genauso sehen. „Die sagen auch, sie müssen zumindest mal noch bis diese Woche warten, bis ein paar vorläufige Datenanalysen abgeschlossen sind, um überhaupt zu sagen, dass der Verdacht, den sie da äußern stimmt.“ Mit Blick auf erhöhte Infektionszahlen sei die Frage, ob überhaupt die neue Virus-Variante daran Schuld habe, „oder ist das so, dass einfach lokal (...) Übertragungsmechanismen zum Tragen gekommen sind, die auch jedes andere Virus hochgespült hätte.“

Die kürzlich entdeckte Variante sei um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form, hatte Premierminister Boris Johnson am Samstag gesagt. Drosten äußerte Zweifel an der wissenschaftlichen Gewissheit dieses Wertes: „Diese Zahl ist einfach so genannt worden.“ Politiker würden solche Zahlen nennen, Medien nähmen diese auf. „Plötzlich steht so ein Wert im Raum - 70 Prozent - und keiner weiß überhaupt was damit gemeint ist.“

Neue Mutation auch in Italien bestätigt

Die neue Variante des Coronavirus aus Großbritannien ist auch bei einem Infizierten in Italien festgestellt worden. Die mutmaßlich ansteckendere Mutation sei bei einem Patienten im Celio-Militärkrankenhaus in Rom nachgewiesen worden, teilte das italienische Gesundheitsministerium am Sonntag mit. Der Patient war demnach kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrt und war mit seiner Familie in Quarantäne.

Außerhalb Großbritanniens waren bisher elf Fälle der neuen Virus-Mutation gemeldet worden - neun in Dänemark und je einer in den Niederlanden und Australien. In Deutschland wurde die Mutation nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch nicht nachgewiesen.

Schnellere Virus-Übertragbarkeit würde vieles ändern

Die Bundesregierung ist besorgt wegen der in Großbritannien und Südafrika aufgetretenen neuen Variante des Coronavirus. „Es ist bis jetzt nicht in Deutschland nachgewiesen worden, aber wir nehme natürlich die Meldungen aus Großbritannien, aus dem Vereinigten Königreich sehr ernst“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“. „Die deutlich schnellere Übertragbarkeit, wie sie in diesem Fall vermutet wird, die würde natürlich viel verändern und deshalb ist es wichtig, den Eintrag nach Deutschland, auf Kontinentaleuropa zu unterbinden.“ Es sei wichtig, die Erkenntnisse über die Virusvariante zu verifizieren und zugleich vorausschauend zu agieren.

Wegen der neuen Virusvariante sind Flüge von Großbritannien nach Deutschland seit der Nacht von Sonntag auf Montag untersagt, wie aus einer Verfügung des Bundesverkehrsministeriums von Sonntag hervorgeht. Dazu soll am Montag noch eine Verordnung folgen, die dann außerdem auch alle Einreisen aus Südafrika einschränkt, wie Spahn ankündigte.

Der Minister wunderte sich sehr darüber, dass offenbar viele Deutsche ihren Weihnachtsurlaub in Südafrika verbringen. Er frage sich, ob diese Menschen die Botschaften nicht gehört hätten, nicht zu reisen und die Kontakte einzuschränken, sagte Spahn.



dpa