Tübingens langjähriger OB Boris Palmer tritt bei den nächsten Bürgermeisterwahlen gegen seine eigene Partei an. (dpa)
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Tübingens langjähriger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) will bei der OB-Wahl im Herbst als parteiloser Kandidat antreten. Das teilte er am Sonntag auf seiner Homepage mit. Mehr als 800 Wahlberechtigte hätten einen Aufruf unterzeichnet, der ihn unterstützen wolle, erneut für das Amt zu kandidieren, schrieb Palmer auf borispalmer.de. Eine ähnlich große Zahl von Menschen habe diese Unterstützung mit einer Geldspende geleistet. So sei das erforderliche Budget für einen Wahlkampf in nur einer Woche zusammen gekommen. „Ich kann Ihnen gar nicht genug Dank sagen für diese Ermutigung. Sie haben damit den Ausschlag gegeben: Ich werde mich um eine dritte Amtszeit bewerben.“
Palmer betonte, es falle ihm schwer, ohne die Unterstützung der Partei zu kandidieren, der er aus Überzeugung seit 25 Jahren angehöre. „Meine politische Heimat sind und bleiben die Grünen in Baden-Württemberg“, schrieb er. Er wolle zu ihrem Erfolg und dem der Regierung von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) beitragen. „Doch bei dieser Wahl ist mir das aus bekannten Gründen verwehrt.“
Palmer hatte kürzlich angekündigt, bei der OB-Wahl seiner Stadt im Herbst nicht mehr als Kandidat der Grünen antreten zu wollen – wegen seines möglichen Rauswurfs aus der Partei. Der 49-Jährige ist seit 2007 OB in der Universitätsstadt. Auf der Suche nach Unterstützung für seinen möglichen Wahlkampf als parteiloser Kandidat hatte Palmer in den vergangenen Tagen 100.000 Euro gesammelt. Palmer droht der Parteiausschluss
Dem bundesweit bekannten, aber in seiner Partei seit Jahren umstrittenen Rathauschef droht der Ausschluss, weil ihm die Grünen kalkulierte Tabubrüche und Entgleisungen vorhalten. Ein Landesparteitag Anfang Mai vergangenen Jahres hatte beschlossen, ein sogenanntes Parteiordnungsverfahren gegen ihn anzustrengen. Über den Rauswurf soll ein parteiinternes Schiedsgericht auf Landesebene entscheiden. Auslöser für das Verfahren war ein Facebook-Beitrag Palmers im Mai über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem Palmer das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Palmer beteuerte, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen.
Die Grünen in Tübingen zeigten sich schwer enttäuscht von Palmers Schritt. „Wir bedauern, dass er sich nicht dem Votum der Partei stellt“, sagte Marc Mausch, Sprecher des Tübinger Grünen-Stadtvorstandes, am Sonntag der dpa mit Blick auf die geplante Urwahl, mit der die Grünen einen OB-Kandidaten bestimmen wollen. Palmers Entscheidung zeuge nicht von Souveränität, er zwinge die Grünen dazu, ihre Kräfte aufteilen zu müssen. „Die Partei ist ihm egal, das hat er schon gezeigt“, sagte Mausch. Das Parteiausschlussverfahren als Grund hält er für vorgeschoben. Auch als Nicht-Grüner hätte Palmer für die grüne Partei als OB antreten können.

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dpa