Soldaten der griechischen Armee patrouillieren am 8. März 2020 am Bahnhof des Dorfes Kastanies in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze. (AFP)
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Nach Militärübungen durch griechische Streitkräfte in türkischen Dörfern in der Region Westthrakien hat die örtliche Gemeinde die Kriegsübungen verurteilt. Das Ziel des Manövers sei es, Muslime in Angst und Schrecken zu versetzen. Über die Operation berichtete zuerst der Chefredakteur der Lokalzeitung „Birlik“, Ihsan Tahsin.

Stark bewaffnete griechische Militärkommandos führten demnach am 12. August eine Trainingsübung im mehrheitlich türkisch besiedelten Dorf Glafki durch, das auch unter dem türkischen Namen Gökçepınar bekannt ist. Die Kommandos sollen mit schweren Militärfahrzeugen unterwegs gewesen sein. Sie operierten in den Straßen des Dorfes und betraten sogar den Dorffriedhof.

Auch sollen Militäroperationen in der mehrheitlich von Türken besiedelten Kleinstadt Echinos stattgefunden haben, das unter der einheimischen Bevölkerung als Şahin geläufig ist.

Das Militär unterrichtete örtlichen Quellen zufolge auch nicht über den Zweck des Manövers. Im Gespräch mit TRT Deutsch kritisierte der Präsident der „Föderation der Westthrakischen Türken in Europa“ (ABTTF), Halit Habipoğlu, das Vorgehen der griechischen Behörden: „Was die griechische Regierung beabsichtigt mit Militärübungen in türkischen Dörfern, ist uns klar. Es war eine Botschaft an uns: Seid bloß still – wir sind hier. Wenn es eskaliert, dann seid ihr als erster dran.“ Zivilisten seien damit verängstigt worden und hätten sich nicht sicher gefühlt. Die Militärübung sei ein großer Fehler der griechischen Regierung gewesen, so Habipoğlu.

Der rechtliche Status der in Westthrakien lebenden türkischen Muslime wird durch den Vertrag von Lausanne von 1923 geregelt, mit dem auch der moderne türkische Staat gegründet wurde.

Die Rechte der Minderheit würden immer wieder infrage gestellt, so Habipoğlu. „Früher wurde uns Bildungs- und Religionsautonomie gewährt. Nun werden wir jedes Mal, wenn zwischen unserem Mutterland Türkei und Griechenland politische Spannungen entstehen, als Minderheit stigmatisiert.“

EU unter Zugzwang

Der Westthrakientürken-Vertreter sieht die Europäische Union sowie Deutschland unter Zugzwang. Athen verstoße gegen den Schutz nationaler Minderheiten. „Griechenland ist vielleicht ein schönes Land, ein schönes Urlaubsland, aber dennoch herrscht ein Problem: Die griechische Seite ignoriert die Kultur und Identität ihrer Minderheit. Unsere Vertreter und Religionsbeauftragten werden einfach nicht beachtet – sie werden ignoriert. Aus diesem Grunde ist es sehr wichtig, dass Europa handelt und der Problematik mehr Beachtung schenkt.“

Das griechische Verhältnis zur Minderheit werde vor dem Hintergrund von Spannungen mit der Türkei regelmäßig missbraucht. „Dann beginnen die griechischen Behörden mit fragwürdigen Forderungen, dass wir hellenische Moslems sein sollen, keine türkischen“, erklärte Habipoğlu. „Wir wollen aber respektiert werden. Die griechische Seite behauptet, die Türkei hätte kein Anrecht auf ihre Landsleute. Wir aber stehen als Türken in einer engen Verbindung zur Türkei. Genauso hat ja auch die griechische Bevölkerung in der Türkei, in Istanbul oder Bozcaada, zu ihrem Mutterland Griechenland eine Bindung.“

Nach der Machtübernahme durch das griechische Militärjunta-Regime im Jahre 1967 wurden die Rechte der türkischen Gemeinschaft systematisch untergraben. Es kam zu jahrzehntelanger institutionalisierter und etablierter Einschüchterungs- und Diskriminierungsmethodiken aus griechischer Seite.

Die Türkei ruft Griechenland regelmäßig dazu auf, die Rechte der einheimischen türkischen Minderheit zu respektieren. In den vergangenen Jahren wurden unter anderem Schulen, die Unterricht in türkischer Sprache anbieten, geschlossen. Die Zahl der muslimisch türkischen Bevölkerung in Griechenland wird auf mehr als 150.000 Menschen geschätzt.

TRT Deutsch