09.06.2021, Frankreich, Paris: Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich. (dpa)
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In Frankreich werden am Sonntag, den 20. Juni, 45 Millionen Wähler im Rahmen der Regionalwahlen 2021 an die Urnen gerufen. Der erste Wahlgang findet am 20. Juni, der zweite am 27. Juni statt. Die normalerweise für Mai angesetzten Wahlen wurden aufgrund der Covid-19-Pandemie zunächst auf den 13. bis 20. Juni verschoben. Schließlich wurden sie ein zweites Mal verschoben, jetzt auf den 20. bis 27. Juni, um den Parteien mehr Zeit für die Wahlwerbung zu geben und den positiven Effekt, den man bis dahin vom Impfprogramm hinsichtlich der Pandemie erwartet, auszunutzen.

Was wird bei den Regionalwahlen gewählt?

Gemäß französischer Verwaltungsorganisation ist die Französische Republik in 18 Regionen unterteilt. Während 12 dieser 18 Regionen auf dem französischen Festland, also auf dem europäischen Kontinent liegen, werden mit Korsika zusammen 13 als Metropol Frankreich oder europäisches Frankreich bezeichnet. Die restlichen 5 Regionen sind die französischen Überseegebiete Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Réunion und Mayette. Diese 18 Regionen sind wiederum in kleinere Verwaltungsstrukturen unterteilt und bilden in ganz Frankreich 96 Einheiten, die als „Departements“ bezeichnet und mit den „Provinzen“ in der Verwaltungsstruktur der Türkei verglichen werden können. Die Regionalparlamente in den Regionen üben die gesetzgebende Gewalt auf lokaler Ebene in Bereichen wie Bildung, Verkehr und Wirtschaft aus, und der wiederum aus dem Regionalparlament je nach politischen Mehrheitsverhältnissen gewählte Präsident nimmt Aufgaben der Exekutive wahr. Eine ähnliche Strukturierung gibt es auch für „Provinzen“. In gleicher Weise werden auch die Mitglieder der „Provinz“-Parlamente und aus ihrer Mitte ein Präsident gewählt. Bei den Wahlen am 20. Juni werden die Franzosen die Abgeordneten der Regionalparlamente, die Mitglieder der „Provinz“-Parlamente und deren Äquivalente, die beide Funktionen unter einem Dach versammeln, in Korsika, Martinique und Guyana wählen. Lediglich die Metropolregionen Paris und Lyon werden nur auf regionaler Ebene abstimmen.

Welche Parteien stechen hervor?

Nach den letzten Wahlen 2015 stellen in acht Regionen rechte Parteien den Präsidenten, während linke Parteien die Präsidentschaft von insgesamt sechs Regionen innehaben. Ebenso stellen rechte Parteien mit 64 Provinzen mehr Präsidenten als linke Parteien, die in 28 Ressorts das Rennen machen konnten. Mit Blick auf die nächstes Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen gewinnen die Ergebnisse der Regionalwahlen noch mehr an Bedeutung. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass es nicht unbedingt notwendig ist, bei den Regionalwahlen erfolgreich zu sein, um Präsident zu werden, wie die Wahl von Macron zum Präsidenten 2017 gezeigt hat.

Die Region Île-de-France und die Allianz-Bemühungen der Linken

Von großer Bedeutung sind die Wahlergebnisse, die in der Ile-de-France, zu der auch Paris gehört und die als solche die am stärksten entwickelte und am dichtesten besiedelte Region Frankreichs ist. Aktuelle Umfragen sehen den republikanischen Kandidaten V. Pécrese in Führung und auch, dass unter den Linksparteien der Kandidat der Sozialistischen Partei, der gemeinsame Kandidat der französischen Kommunistischen Partei und der Partei Rebellisches Frankreich sowie der Kandidat Ökologie Europa – Grüne die 10-%-Hürde überspringen und sich für die zweite Runde qualifizieren könnten. Allerdings liegen alle ziemlich nahe an der 10-%-Grenze, und letztlich wäre es auch möglich, dass einige von ihnen nicht in die zweite Runde kommen. Für die linken Parteien, die Wahlallianzen für eine eventuell anstehende zweite Runde planen, sind die aktuellen Spannungen zwischen der Kandidatin der Sozialistischen Partei, Audrey Pulvar, sowie Anne Hidalgo, amtierende Bürgermeisterin von Paris und auch als Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr im Gespräch, bemerkenswert. Auch der Führer des Rebellischen Frankreich, Mélenchon, hat mit seiner Haltung mögliche Bündnisse innerhalb der Linken bei den Regionalwahlen erschwert, und man konstatiert, dass sich dies auch auf die Präsidentschaftswahlen auswirken könnte, die im nächsten Jahr stattfinden. In dieser Region treten in der ersten Runde also vor allem die Auseinandersetzungen innerhalb der linken Parteien in den Vordergrund. Erwartungsgemäß wird die Partei, die mit den meisten Stimmen aus dem ersten Wahlgang hervorgeht, im zweiten Wahlgang eine mögliche Wahlallianz der linken Parteien anführen und dem Ziel einen Schritt näher kommen, die Vormachtstellung innerhalb der Linken vor den Präsidentschaftswahlen zu übernehmen. Die Fähigkeit der Linken, Wahlallianzen zu bilden, wird ein wichtiger Indikator für die Präsidentschaftswahlen sein. Während die Region Hauts-de France die einzige Region ist, in der die Linke ein vollumfängliches Bündnis eingegangen ist, lässt sich sagen, dass die Region, in welcher der Kampf zwischen den drei Parteien der Linken vor den Präsidentschaftswahlen am heftigsten ausgetragen werden wird, die Île-de-France ist. Mit einem Ende der Vorherrschaft der Republikaner in der Île-de-France ist jedenfalls nicht zu rechnen. Auf der anderen Seite wird erwartet, dass der Kandidat der rechtsextremen Partei von Marine Le Pes, dem Front National, J. Bardella, das Rennen in der ersten Runde hinter den Republikanern als Zweiter beenden wird. Doch es scheint unwahrscheinlich, dass er in der zweiten Runde eine Chance haben wird zu obsiegen. Auch der gemeinsame Kandidat von Macrons Partei La Republique en Marche und der Partei Demokratisches Frankreich dürfte im ersten Wahlgang die Hürde überspringen und sich damit für einen zweiten Wahlgang qualifizieren.

Wie geht Macron die Regionalwahlen an?

Es liegt im Bereich des Möglichen, dass die La Republique en Marche- Bewegung, also die Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, in keiner der Regionen die Mehrheit für die Wahl des Präsidenten einfahren kann. Aus diesem Grund heißt es, Macron, der sich bei diesen Regionalwahlen vor den Präsidentschaftswahlen keine Blöße geben will, hielte sich bewusst von Debatten rund um die Regionalwahlen fern. Darüber hinaus verfolgt Macron, der in den letzten Wochen politisch sehr aktiv war, eine Politik, die Medien von den Regionalwahlen abzulenken sucht, indem er sich selbst medienwirksam in Szene setzt. Verantwortliche der La Republique en Marche-Bewegung erwarten jetzt, da sich die Pandemie allmählich dem Ende nähert, positive Auswirkungen auf die Wahlergebnisse der Wahllisten von La Republique en Marche-Bewegung und Demokratisches Frankreich. Die größte Sorge von Macrons Partei liegt darin, dass der rechtsextreme Front National zwei oder drei Regionen gewinnen könnte.

Das Ergebnis des rechtsextremen Front National ist von Interesse

Es gibt keine Region, in welcher der rechtsextreme Front National derzeit die Mehrheit innehat. Obwohl der von Marine Le Pen angeführte Front National, der bei den Regionalwahlen 2015 landesweit rund 28 % der Stimmen erhielt, in den ersten Wahlgängen erfolgreich war, verhinderten die im zweiten Wahlgang gebildeten Allianzen der rechten und linken Parteien ausnahmslos die Übernahme der Präsidentschaft in den Regionen. Erwartet wird, dass sich dieser Trend bei den nächste Woche anstehenden Wahlen fortsetzen wird und ein linkes Bündnis in Okzitanien, eine der drei Regionen, in denen der Front National traditionell die meisten Stimmen einfährt, und ein rechtes Bündnis in Hauts-de-France in der zweiten Runde das Rennen machen wird. In der Provence-Alpes-Côte d'Azur, kurz PACA-Region, ist es möglich, dass der Front National die Wahl gewinnt. Auf der anderen Seite wird erwartet, dass die Gesamtzahl der landesweiten Stimmen des Front National im Vergleich zu den letzten Regionalwahlen zurückgeht. In Anbetracht der Tatsache, dass die letzten Regionalwahlen nach dem Eindruck der Terroranschläge von Paris stattfanden und dadurch die Unterstützung für die extreme Rechte gestiegen war, scheint es möglich, dass die Stimmen des Front National bei den bevorstehenden Wahlen, die in einer relativ ruhigen Atmosphäre stattfinden werden, zurückgehen könnten. Genauso gibt es aber auch Anzeichen, dass dieser Rückgang nicht sehr signifikant ausfallen oder gar null sein könnte.

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