Laschet-Wahlkampfrede: Kandidat spricht von GSG-9-Aktion in Landshut (dpa)
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Deutschland und die Europäische Union (EU) sind seit vielen Jahren von internationalen Krisen betroffen, zu denen auch Sicherheitsfragen wie geopolitischer und geostrategischer Wettbewerb, Migration, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, bewaffnete Konflikte und Radikalisierung gehören. Sowohl in Deutschland als auch in der EU wird seit langem diskutiert, welche Politik gegen diese multidimensionalen Krisen entwickelt werden sollte. In diesem Zusammenhang zielt Deutschland darauf ab, insbesondere innerhalb der EU eine Führungsrolle zu übernehmen und die EU gegen diese Krisen zusammenzubringen. Während des Wahlkampfs stehen deswegen auch die politische Agenda der Parteien und die Ansichten der Kandidaten im Hinblick auf die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik im Vordergrund. Daher lautet die Frage: Welchen Ansatz wird CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet in Bezug auf internationale Krisen und Sicherheitspolitik entwickeln?

Kritik an der Sicherheitspolitik

Kritiker führen in der Regel zwei Punkte auf, welche die Problematik der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammenfassen. Erstens ist seit langem bekannt, dass Deutschland Probleme damit hat, eine eigenständige Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei der Bewältigung internationaler Krisen zu entwickeln. Die Grundlage dieser Probleme liegt zweifellos in der begrenzten Machtkapazität der Bundeswehr. Die aktuelle Entwicklung in Afghanistan zeigt die Kapazitätsprobleme der Bundeswehr sehr gut auf. Besonders die chaotische Evakuierung einer ersten Gruppe von nur sieben Personen aus Kabul und diverse Organisationsprobleme stießen deutschlandweit auf große Kritik. Zwar ist davon auszugehen, dass Deutschlands begrenzte sicherheitspolitische Machtkapazität mit der Europäischen Armee erweitert werden kann, doch wurden diesbezüglich noch keine konkreten Schritte unternommen.

Zweitens erlebt Deutschland nicht nur auf internationaler Ebene, sondern auch innerhalb des Landes Sicherheitsprobleme wie Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie. Es ist kein Geheimnis, dass die Zahl der Fälle von Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie in Deutschland stark zugenommen hat; dieses Problem kann seit langer Zeit nicht gelöst werden. An diesem Punkt stellt sich die Frage, inwiefern Laschet diese Probleme im Falle seiner Wahl zum Kanzler mittels einer neuen Sicherheitsstrategie lösen möchte.

Sicherheitspolitischer Ansatz von Kanzlerkandidat Armin Laschet

Vor allem nach den Entwicklungen in Afghanistan hat sich Laschet, wie auch die anderen Kandidaten, zu Sicherheitsfragen spürbar häufiger geäußert. Zweifellos ist sich Laschet bewusst, dass Deutschland im sicherheitspolitischen Bereich konkrete Schritte und Verbesserungen braucht, weswegen der CDU-Kandidat seine Ansätze und Lösungsvorschläge nun präsentiert. Diesbezüglich verspricht Laschet drei grundlegende Neuerungen. Erstens: Er will einen Nationalen Sicherheitsrat gründen und in Verbindung damit eine nationale Sicherheitsstrategie entwickeln, um bürokratisches Chaos zu vermeiden. Dadurch soll eine moderne sicherheitspolitische Infrastruktur geschaffen werden. Zweitens möchte Laschet verschiedene Sicherheitsexperten aktiver in sein Policy-Team einbeziehen, um die Sicherheitsbehörden zu unterstützen. Und schließlich will Laschet die EU aktiver und konkreter im Bereich der Sicherheitspolitik mobilisieren. Deswegen ist die europäische Armee für Laschet von entscheidender Bedeutung. Denn für ihn bedeutet sie, die Fähigkeit zu erlangen, hinsichtlich sicherheitspolitischer Probleme und Fragen unabhängig von den USA zu handeln. Daher lässt sich sagen, dass Laschet eine eigenständigere und aktivere Sicherheitspolitik formen möchte, welche die EU miteinbezieht.

Realität und internationale Politik

Tatsächlich sind diese sicherheitspolitischen Vorschläge, die Laschet umsetzen will, in Deutschland nicht neu. Für ihre Umsetzung ist es jedoch notwendig, die Atmosphäre in der internationalen Politik realistisch einzuschätzen. Zwar stellt Armin Laschet eine aktivere Sicherheitspolitik in Aussicht, doch stimmen die Realitäten in der internationalen Politik nicht mit den Versprechungen des CDU-Kanzlerkandidaten überein. In diesem Zusammenhang steht Deutschland vor vier großen Fragen. Erstens: In welchem ​​Rahmen wird Deutschland eine von den USA unabhängige Politik entwickeln? Zweitens: Inwiefern wird die sicherheitspolitische Zusammenarbeit im Umfeld von Wettbewerb und Unzufriedenheit innerhalb der EU gefördert? Drittens: Welche Art von Sicherheitskooperation wird mit strategischen Drittländern wie der Türkei, Russland, Iran und China aufgebaut? Und schließlich: Wie lassen sich Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie, die zu einer zunehmenden und wachsenden Bedrohung im Land geworden sind, bekämpfen? Die aufgezeigten Probleme zeigen, dass es für Deutschland unrealistisch wäre, nur durch bürokratische Reformen eine neue Sicherheitspolitik zu schaffen, ohne Antworten auf diese Fragen zu geben.

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