Symbolbild. 12. Oktober 2021, Istanbul, Türkei: Die Ausgrabungsstätte am Bahnhof Haydarpaşa in Istanbul. (AA)
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Bei den laufenden archäologischen Ausgrabungen auf dem Gelände des historischen Haydarpaşa-Bahnhofs von Istanbul sind neue Sensationsfunde gelungen: antike Massengräber, ein Mausoleum und ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg.

Rahmi Asal ist der Direktor des Istanbuler Archäologiemuseums. Er erklärte Reportern, dass sich der Hinterhof des Bahnhofs tatsächlich in eine archäologische Stätte verwandelt habe. „Das Gebiet, in dem wir derzeit arbeiten, befindet sich im westlichen Hafen von Chalkedon. Es wurden in der Tat sehr wichtige Ruinen und Artefakte gefunden. Eine davon ist ein privates Wohnhaus mit einem opus sectile-Fußboden aus dem 5. Jh. n. Chr. sowie ein Badehaus", sagte Asal gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu.

„Wir stießen auch auf einen Teil der Kirche der Heiligen Bassa, einer bedeutenden Ruine aus byzantinischer Zeit, über die sowohl in antiken Quellen als auch in modernen Publikationen berichtet wird. In der Apsis, der Kirche, wurde ein Massengrab mit etwa 28 Leichen gefunden“, so Asal. Zu den weiteren Funden gehören eine Plattform aus hellenistischer Zeit, ein Sockel, der wahrscheinlich Teil eines Mausoleum war, und ein daneben stehender Sarkophag, die Überreste einer heiligen Quelle in einer Palastruine sowie ein Steinziegelgebäude aus dem 5. bis 6. Jahrhundert n. Chr., das aufgrund der dort gefundenen Öfen und Töpfe vermutlich als Schmelzwerkstatt genutzt wurde.

Ein weiterer interessanter Fund, der von Plattformen abgedeckt war, ist ein 400 Meter langer Bunker, der zwei Meter breit und 2,40 Meter hoch ist. Der 1942 erbaute Bunker enthält auch elektrische Schalttafeln und Toiletten.

Symbolbild. 12. Oktober 2021, Istanbul, Türkei: Ein Archäologe beugt sich über ein antikes Massengrab in der Ausgrabungsstätte am Bahnhof Haydarpaşa in Istanbul. (AA)

Knapp 12.000 Münzen ausgegraben

An die 12.000 Gold-, Silber- und Bronzemünzen wurden in gutem Zustand aus der Ausgrabungsstätte geborgen, wobei die wichtigste eine Münze aus dem 5. Jh. v. Chr. ist. Die Ausgrabungen gehen teilweise bis zu zwei Meter in die Tiefe. In allen Erdschichten lässt sich eine unterbrochene chronologische Besiedlung aus der hellenistischen, römischen, byzantinischen und osmanischen Zeit nachweisen. „Diese Ausgrabungen schreiben die Geschichte von Kadıköy neu.“

Die Ausgrabungen laufen im Rahmen des Haydarpaşa-Restaurierungsprojekts des türkischen Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur. Ein genauen Zeitrahmen für das Ende der Ausgrabungen nennt Asal noch nicht: „Wir wissen, dass derzeit ein neues Projekt am Entstehen ist, bei dem auch die geborgenen Artefakte verwendet und in das Bahnhofsprojekt integriert werden.“

Symbolbild. 12. Oktober 2021, Istanbul, Türkei: In der Ausgrabungsstätte am Bahnhof Haydarpaşa in Istanbul wurde auch ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg freigelegt. (AA)

Asal ist der Meinung, dass der Haydarpaşa-Bahnhof als symbolisches Wahrzeichen seine primäre Funktion als Kopfbahnhof beibehalten sollte und die archäologischen Funde in diese Funktion integriert werden sollten.

Freilichtmuseum geplant

Yalçın Eyigün, Leiter der Generaldirektion für Infrastruktur des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur, sagte der Nachrichtenagentur Demirören, dass der Planungsprozess für geschlossene Bereiche und ein Freilichtmuseum im Gange sei. Dieser soll in den nächsten zwei Jahren abgeschlossen werden.

Derzeit sind die Arbeiten auf 49 Prozent der 140.000 Quadratmeter großen Fläche, die für Ausgrabungen vorgesehen sind, abgeschlossen. 250 Personen arbeiten unter der Aufsicht von 15 Archäologen und des Istanbuler Archäologiemuseums.

Symbolbild. 12. Oktober 2021, Istanbul, Türkei: Die Ausgrabungsstätte am Bahnhof Haydarpaşa in Istanbul. (AA)

Die Gesamtfläche des Haydarpaşa-Geländes beträgt 4,75 Hektar. Das Ministerium will nur 75.000 Quadratmeter für Aktivitäten im Zusammenhang mit der Eisenbahn nutzen, während der Rest für eine archäologische Stätte, einen archäologischen Park und ein Museum für Industriekultur vorgesehen ist.

Das Gebiet, das vor dem Beginn des Eisenbahnbaus im Jahr 1872 unter dem Namen „Haydarpaşa Wiesen“ bekannt war, verfügt über viele gut erhaltene oder intakte Artefakte. Denn mit dem Bau wurde später begonnen als in den übrigen zentralen Stadtvierteln Istanbuls. Das Bahnhofsgebäude selbst, das zwischen 1906 und 1909 erbaut wurde, steht auf 1100 Holzpfählen auf zurückgewonnenem Land.

Der Bahnhof, der einst als westlicher Endpunkt der Hejaz- und Bagdad-Eisenbahn des Osmanischen Reichs diente, ist seit Juni 2013 für Fahrgäste geschlossen. Damals wurde der Vorortbahnverkehr bis zum Bezirk Gebze in der Provinz Kocaeli wegen des Marmaray-Projekts eingestellt. Im Rahmen des Marmaray-Projekts wurde ein Tunnel unter dem dem Bosporus gebaut. Zudem wurden alte Vorortbahnstrecken erneuert, um die Zug- und Fahrgastkapazität zu erhöhen. Mehr zum Thema: Türkei: Bei Ausgrabungen Grundriss einer Kirche und uralte Münzen entdeckt

TRT Deutsch und Agenturen