Adile Sultan (Hürriyet)
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Adile Sultan wurde als Prinzessin sowohl zu Lebzeiten als auch nach ihrem Tod für ihre Philanthropie und ihre literarische Persönlichkeit geehrt. Als Tochter von Mahmud II. genoss sie eine gute Bildung und erlangte aufgrund ihres Charakters den Respekt der anderen Prinzessinnen. Zudem gewann sie aufgrund ihrer wohltätigen Werke Wohlwollen und Wertschätzung der Bevölkerung.

Sie ist die einzige Prinzessin, die als Dichterin einen eigenen Diwan verfasste. In ihrem unter Sultanstöchtern vergleichsweise langen Leben konnte sie in einer Zeit, in der Frauen nicht viel Zeit in der Öffentlichkeit verbrachten, einerseits aufgrund der von ihr initiierten Stiftungen und andererseits wegen ihres Besuchsprogramms in der Gesellschaft sichtbar wirken. In den von ihr verfassten Werken, darunter Texten wie Totenklagelieder/Elegien, Tahassürnâme und Iftiraknâme, gibt sie Zeugnis von ihrem Leben und spiegelt die durchlebten Ereignisse wider.

Kindheit

Adile Sultan kam als Tochter des osmanischen Sultans Mahmud II. und seiner Frau Zernigar am 29. Mai 1826 auf die Welt. In den osmanischen Archiven finden sich Listen mit Mengen und Art der im Vorfeld ihrer Geburt an den Hof gelieferten Waren. Die Gesamtausgaben belegen, welch Stellenwert der Geburt von Adile Sultan beigemessen wurde.

Adile Sultan verlor im Alter von 6 Jahren ihre Mutter Zernigar. Hâce Nevfidan, eine der weiteren Frauen von Mahmud II., zog sie groß. Den Schmerz über den frühen Verlust ihrer Mutter schrieb Adile Sultan in ihrem Diwan nieder, den sie in den folgenden Jahren verfasste. Darin erklärte sie auch, dass Nevfidan sie barmherzig und mit großer Liebe behandelte, wie ihre leibliche Mutter. Im Jahr 1838 verlor sie ihren Vater. Nach seinem Tod übernahm ihr Bruder Sultan Abdülmecid ihre Vormundschaft.

Trauung

Nachdem sie volljährig geworden war, heiratete Adile Sultan 1845 den Marschall von Tophane, Mehmet Ali Pascha. Ein Jahr später fand die Hochzeitsfeier, an der hochrangige Staatsbeamte teilnahmen, am jetzigen Standort des Haydarpaşa Bahnhofs statt. Obwohl Adile Sultan nach ihrer Heirat den Neşetabad-Palast in Fındıklı zugesprochen bekam, residierte sie auch in anderen Palästen. So gehörten die Esma Sultan Villa in Kuruçeşme, die Adile Sultan Mansion in Validebağı und der Adile Sultan-Palast in Kandilli zu den Immobilien, in denen sie residierte. Aus der Ehe mit Mehmet Ali Pascha gingen die Kinder Sıdıka, Aliye, Ismail und Hayriye hervor. Die ersten drei Kinder starben bereits im Kindesalter.

Persönlichkeit

Es ist unbestritten, dass Adile Sultan als Tochter von Mahmud II., als Schwester von Sultan Abdulmecid und Sultan Abdulaziz und auch als Tante von Sultan Abdulhamid II. eine geschätzte Persönlichkeit innerhalb der Dynastie war. Dass sie als Mitglied selbiger eine gute Bildung genossen hat, zeigen ihre Werke und ihr Diwan. Ihre Vorliebe für Kunst und Literatur kommt zudem mit dem Druck des Diwans von Süleyman dem Prächtigen als „Muhibbi-Diwan“ zum Ausdruck, den sie in Auftrag gab. Adile Sultan war darüber hinaus immer auch eine öffentliche Person, was sich in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für ihre Wohltätigkeiten, Versammlungen, Besuche, ihre Trauung und sogar ihren Tod manifestierte. Der aufeinanderfolgende Tod ihrer Verwandten verwandelte Adile Sultan, die bis dahin ein prächtiges und pompöses Leben geführt hatte, in eine bescheidene und wohltätige Person. In ihrem Diwan thematisiert sie auch ihre Trauer über den Verlust von Familienmitgliedern. Vermutlich aufgrund dieser Erlebnisse wandte sich die Prinzessin dem Sufismus zu. Mit den von ihr initiierten Stiftungen einerseits und ihren Besuchen andererseits wurde sie in einer Zeit, in der Frauen nicht viel Zeit in der Öffentlichkeit verbrachten, für diese sichtbar. Adile Sultan war mit ihrem Charakter und ihren finanziellen Möglichkeiten eine starke Frau und zudem für ihre Zuneigung zur Literatur und zur Musik bekannt. So gehört das Lobgedicht, welches sie in der Hicaz Hümâyûn-Tonart komponierte, noch immer zum Repertoire des TRT. Überdies verfasste sie noch ein weiteres Lobgedicht, welches von Hacı Faik Bey in der Hüzzam-Tonart vertont wurde.

Diwan und Gedichte

In dem von Adile Sultan verfassten Diwan werden Tod, Geburt, Selbstmord, Krieg und Heirat thematisiert, Themen, die einen unmittelbaren Bezug zu ihr oder ihren Familienangehörigen haben. Des Weiteren gewährt er Einblick in das Leben der osmanischen Dynastie, die Funktionsweise des Staatsprotokolls und Adiles Perspektive auf das Leben sowie ihre Erlebnisse als Frau. In der Elegie, die sie speziell für Sultan Abdulaziz schrieb, erklärt sie, dass der Sultan nicht wirklich Selbstmord begangen habe, sondern dass er letztlich ermordet worden sei. Überdies beinhaltet der Diwan Passagen zur Gutmütigkeit und Philanthropie ihres verstorbenen Mannes, mit dem sie 24 Jahre lang verheiratet gewesen war. Der frühe Tod von Hayriye Sultan, dem vierten Kind von Adile Sultan, ein Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes, muss Adile Sultan besonders großen Kummer bereitet haben. In ihrem Diwan schrieb sie auch eine Elegie für ihre verstorbene Tochter.

Ausgehend von den Ereignissen, die sie heimsuchten, behandelte Adile Sultan in ihrem Diwan Themen, die über die Vergänglichkeit des Lebens und der Welt erzählen und über das Jenseits, dem ihr zufolge eigentlich wichtigen Aufenthaltsort für Menschen, an dem man Glück dann erfährt, wenn man sich im Diesseits mit Güte und Wohltätigkeit um das Wohlwollen Allahs bemüht.

Überlieferungen

Die Komponistin, Schriftstellerin und Dichterin Leyla Saz erklärt in ihrem Buch Erinnerungen zum Palast und Harem, dass Adile Sultan eine freundliche, lächelnde, wohlwollende und religiöse Frau war. Sie berichtet weiter, dass Adile Sultan ein erfolgreiches Leben mit großen wirtschaftlichen Möglichkeiten hatte und viele Angestellte ihr zu Diensten standen. Doch der Tod ihres Mannes Mehmet Ali Pascha und der ein Jahr später folgende Tod ihrer Tochter Hayriye Sultan stimmten Adile Sultan zutiefst traurig, worin auch der Grund für ihre Hinwendung zum Gebet und zu verstärkten karitativen Tätigkeiten lag. Autorin Saz erklärt zudem, dass Adile Sultan neben den von ihr gegründeten Stiftungen für wohltätige Zwecke wie etwa dem Schulbesuch von bedürftigen Kindern, der Bereitstellung einer Mitgift für Heiratswillige oder der Bohrung von Brunnen in Häusern bedürftiger Familien, auch darüber hinaus wohltätig wurde, ohne dies an die große Glocke zu hängen.

Adile Sultan war eine Frau, die im 19. Jahrhundert lebte und eine exzellente Ausbildung am Hof genoss. Mit ihrem bewegten Leben und ihren Exkursionen innerhalb der Stadt wurde sie von der Öffentlichkeit mit großem Interesse wahrgenommen. Sie besaß einen stark ausgeprägten Charakter, weshalb sie von den übrigen Mitgliedern der Dynastie und den regierenden Sultanen respektiert wurde. Mit ihren großen wirtschaftlichen Möglichkeiten war sie eine Frau, die in der Bevölkerung vor allem für ihre großzügigen Spenden und wohltätigen Aktivitäten bekannt war. Ihre Vorlieben für Musik und Literatur unterscheiden Adile Sultan von den Frauen ihrer Zeit. In dem von ihr verfassten Diwan lässt sich die Sicht einer Frau auf die Ereignisse dieser Zeit lesen. Eines ihrer bekanntesten Werke ist eine Komposition, die sich noch heute im Repertoire des staatlichen Rundfunksenders TRT befindet.