Expertin: „Leben auf der Straße für Obdachlose nicht ungefährlich“ (Symbolbild) / Photo: DPA (dpa)
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von Feride Tavus

Tausende Menschen leben auch bei Minusgraden auf der Straße. Als Obdachlose führen sie ein Schattendasein und sind Teil des Stadtbildes. Besonders im Winter sind obdachlose Menschen auf die Hilfen anderer angewiesen. Laut dem Statistischen Bundesamt hatten zum 31. Januar 2022 rund 263.000 Menschen in Deutschland keine Wohnung. Davon lebten 37.000 auf der Straße. Menschen werden aus verschiedensten Gründen obdachlos, erklärt Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) im Gespräch mit TRT Deutsch. So könne unter anderem ein Jobverlust mit einhergehenden Mietschulden irgendwann in Obdachlosigkeit enden. Deswegen blieben Betroffene auch „längere Zeit wohnungslos“. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum erschwere die Situation dann noch weiter.

Bei Frauen komme noch das Thema häusliche Gewalt hinzu, die Betroffene in die Obdachlosigkeit dränge, betont Roseke. Die Frauen hätten bei derartigen Vorfällen mit dem Partner „keine andere Alternative, als die gemeinsame Wohnung zu verlassen“. „Und wenn diese Frauen dann auch keine eigenen Einkünfte haben, kein soziales Netzwerk, dann sind sie erst mal wohnungslos.“

Lieber draußen als in Notunterkünften

Statt in Notunterkünften zu übernachten, blieben viele Wohnungslose lieber draußen – auch im Winter, sagt Rosenke. „Corona ist ja nun nach wie vor nicht vorbei. Da haben viele auch einfach Angst, sich da anzustecken.“ Zudem hätten einige bereits schlechte Erfahrungen in den zumeist engen Unterkünften gemacht. Die Unterbringung dürfe man sich nicht als „Einzelzimmer“ vorstellen. Ein weiterer Grund wieso solche Unterkünfte gemieden würden, sei die Regelung, dass Hunde nicht mitgenommen werden könnten, erklärt Rosenke. Für viele Obdachlose ist das undenkbar.

Dabei sei das Leben auf der Straße für Obdachlose nicht gerade ungefährlich, meint Rosenke. „Wir zählen ja das ganze Jahr über auch Angriffe und Gewalt gegenüber wohnungslosen Menschen“. Auch seien die Folgen von Obdachlosigkeit deutlich sichtbar. Krankheiten, Depressionen und Ausgrenzung verfestigten die „prekäre Lebenssituation“ der Menschen auf der Straße.

Obdachlose brauchen „relle Chance“

Vor diesem Hintergrund seien Maßnahmen notwendig, um Obdachlosen „eine relle Chance“ für eine eigene Wohnung zu geben. Alles andere sei nicht wirklich sicher. Notwendig seien beispielsweise Wohnugen, die nur zur Vermietung an Obdachlose gedacht sind, fordert die Chefin der Bag W. Zudem könne der Bund für Vermieter mehr anreize schaffen – etwa durch eine Bürgschaft für mögliche Mietausfälle.

Um den Verlust einer Wohnung von vornherein zu verhindern, sei die Einrichtung einer zentralen Fachstelle ein wichtiger Punkt. Bei einer bevorstehenden Räumungsklage könne solch eine Stelle Helfen, indem sie gezielt Sozialarbeiter beauftragt, die intervenieren und den Mietvertrag vielleicht noch retten können, so Rosenke.


TRT Deutsch