17.01.2022, Baden-Württemberg, Ravensburg: Kritiker der Coronapolitik gehen durch die Innenstadt von Ravensburg. Die Polizei geht von rund 1500 Demonstranten aus.  (dpa)
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Wie auch an den vorhergehenden Montagen haben am gestrigen Abend in ganz Deutschland tausende Menschen gegen Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht demonstriert. Die Proteste waren von einem großem Polizeiaufgebot und vielerorts auch von Gegendemonstrationen begleitet. Es kam zunächst nur vereinzelt zu Zwischenfällen. Mehrfach wurden Versammlungen aufgelöst, weil die Polizei keinen Versammlungsleiter feststellen konnte oder etwa gegen die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht verstoßen wurde.

„Geimpfte und Ungeimpfte gegen die Impfpflicht“

In Berlin protestierten nach Angaben der Polizei tausende Menschen gegen die Corona-Maßnahmen. Eine der größeren Demos zog vom Alexanderplatz Richtung Brandenburger Tor, dort setzten sich laut der Transparente „Geimpfte und Ungeimpfte gegen die Impfpflicht“ ein. Nur wenige Menschen trugen Maske. Aus einem Lautsprecher-Wagen tönte: „Merkel, Spahn, Steinmeier, Drosten in den Knast“. Vor dem ZDF-Hauptstadtstudio stoppte der Zug für eine Zwischenkundgebung. Ein Redner beschimpfte die „deutschen Medien“, die „gleichgeschaltet“ seien wie 1933, er sprach auch von „Lügenpresse“. In Thüringen waren nach ersten Angaben der Landespolizeidirektion an zahlreichen Orten insgesamt mehr als 21.000 Menschen bei Versammlungen dabei. Hohe Teilnehmerzahlen meldete die Polizei auch aus Baden-Württemberg. In Rottweil nahmen etwa 1400 Demonstranten an einem nicht angemeldeten Zug durch die Stadt teil, sagte ein Sprecher. In Ravensburg und Friedrichshafen beteiligten sich jeweils mehr als 1000 Menschen an ebenfalls nicht angemeldeten Versammlungen.

1500 Kerzen zum Gedenken an Corona-Toten

In Mecklenburg-Vorpommern heizte sich in der Rostocker Innenstadt die Stimmung nach einer Versammlungsauflösung auf, an zwei Kreuzungen fuhr die Polizei mit Wasserwerfern auf. Die Demonstranten wurden eingekesselt. Schätzungsweise ein dutzend Störer wurde von Polizisten vorläufig festgenommen. Außerdem wurden Eltern mit Kindern aufgefordert, die Versammlung zu verlassen. Auf dem Greifswalder Markt stellten Bürger mehr als 1500 Kerzen zum Gedenken an die Corona-Toten im Nordosten auf. „Wir wollen zeigen, dass Corona Realität ist“, sagte Michael Steiger vom Bündnis „Greifswald für Alle“. Es seien 1582 Lichter - entsprechend der Zahl der Todesfälle, die nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet wurden.

Nicht angemeldete Demonstrationen wurden aufgelöst

Im brandenburgischen Cottbus löste die Polizei eine Demonstration mit rund 1500 Teilnehmern mangels Versammlungsleiter auf. In einem Fall musste die Polizei nach eigenen Angaben wegen Widerstands Reizgas einsetzen. In der Kölner Innenstadt trafen unterdessen je rund 1000 Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen und Teilnehmer einer Gegendemonstration unter dem Motto „Köln ist solidarisch“ aufeinander - laut Polizei zunächst ohne nennenswerte Zwischenfälle.

17.01.2022, Niedersachsen, Wolfsburg: Teilnehmer einer Veranstaltung zum Gedenken an die Menschen, die im Zusammenhang mit Corona gestorben sind, zünden Kerzen auf der Treppe vor dem Rathaus an. (DPA)

In den einzelnen Bundesländern gelten sehr unterschiedliche Regeln dazu, unter welchen Pandemie-Bedingungen - zum Beispiel mit Blick auf Teilnehmerzahlen - nicht angemeldete Versammlungen oder sogenannte „Spaziergänge“ geduldet werden. In Magdeburg verlas die Polizei etwa per Lautsprecher die gültige Allgemeinverfügung, nach der nicht angemeldete Proteste nur noch „ortsgebunden“ stattfinden dürfen - Protestzüge durch die Stadt sind untersagt. Gegen das Verbot nicht angemeldeter Corona-Demonstrationen in der Gemeinde Bretten hat sich ein Mann erfolgreich mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe durchgesetzt. Der Beschluss gilt nach Angaben vom Montag aber erstmal nur für den Antragsteller und ist noch nicht rechtskräftig (Az. 14 K 119/22). Die Kommune hatte bis Ende Januar „alle mit generellen Aufrufen zu ‚Montagsspaziergängen‘ oder ‚Spaziergängen‘ in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen“ untersagt. Ein Verbot müsse sich jedoch in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit halten, befand das Gericht.

dpa