Politischer Neubeginn in Pakistan: Sharif zum Premier gewählt
Pakistan hat nach tagelanger politischer Krise einen neuen Premier gewählt. Es ist ein Comeback für die Opposition. Doch der neue Regierungschef steht vor großen Herausforderungen.
07.04.2022, Pakistan, Islamabad: Shahbaz Sharif, damaliger Oppositionsführer, spricht während einer Pressekonferenz nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. (DPA)

Nach dem Misstrauensvotum gegen Imran Khan ist der pakistanische Oppositionsführer Shehbaz Sharif zum neuen Premierminister gewählt worden. 174 der 374 Abgeordneten stimmten am Montag für Sharif, wie Parlamentssprecher Ayaz Sadiq in der Hauptstadt Islamabad verkündete. Sharif bezeichnete nach der Wahl die ökonomischen Probleme als große Herausforderung. „Wir werden Schweiß und Blut vergießen müssen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln“, sagte er.
In der Nacht hatten landesweit Zehntausende Menschen gegen die Amtsenthebung des ehemaligen Kricketstars Khan protestiert. Khans Regierungspartei PTI verkündete vor der Wahl einen massenhaften Rücktritt aus dem Parlament. Dutzende Abgeordnete verließen den Saal aus Protest.
Khan war in der Nacht auf Sonntag per Misstrauensvotum des Amtes enthoben worden. Vorausgegangen war eine tagelange politische Krise in der südasiatischen Atommacht. Der ehemalige Premierminister war wegen der Wirtschaftskrise im Land zunehmend unter Druck geraten.
Steigende Verbraucherpreise
Beobachter sehen auf den neuen Premierminister herausfordernde Zeiten zukommen. Preise für Benzin, Gas oder Lebensmittel waren in dem südasiatischen Land mit mehr als 220 Millionen Einwohnern zuletzt massiv gestiegen. Ex-Premier Khan musste kürzlich weitere Steuern einführen, damit der Internationale Währungsfonds (IWF) eine weitere Tranche aus einem Hilfsprogramm für das Land auszahlt.

Die Parteien, die den neuen Premier Sharif gewählt haben, haben zudem wenig gemeinsam. Für Beobachter ist es fraglich, ob sie ihre individuellen Interessen in der Tagespolitik zusammenbringen können, um das Land in ruhigeres Fahrwasser zu bringen und effizient zu regieren. Hinzu kommt, dass der gestürzte Premier Khan weiter politisch mitmischen will. Er rief bereits zu Protest auf.
Sharif sammelte als Ministerpräsident von Punjab Erfahrung
Der 70 Jahre alte Shehbaz Sharif stammt aus der Polit-Dynastie der Sharifs, einer Familie erfolgreicher Industrieller. Wie sein älterer Bruder Nawaz Sharif arbeitete er vor seiner Politikkarriere im Familienunternehmen. In seiner Heimat, der bevölkerungsreichen Provinz Punjab, war Shehbaz Sharif drei Amtszeiten lang Ministerpräsident und trieb vor allem Infrastrukturprojekte voran.
Nach der Entmachung seines älteren Bruders ging er mit seiner Familie ins Exil nach Saudi-Arabien. Acht Jahre später kehrte er zurück in die Politik, zunächst als Regierungschef in Punjab. 2018 wurde er in die Nationalversammlung gewählt, später zum Oppositionsführer gekürt. Der jüngere Sharif ist Vorsitzender der Pakistanischen Muslimliga (PML-N).
Seine Popularität verdanke er vor allem dem Image seines charismatischen Bruders, erklärt Irfan Shahzad, Experte beim Eurasia Century Institute in der Hauptstadt Islamabad. Er gelte als „Mann mit pragmatischem Ansatz“ in der Beziehung zum mächtigen Militär. International unterhält Shehbaz Sharif gute Beziehungen zu China.


DPA