Schleswig-Holstein, Bad Bramstedt: Die Einfahrt zum Schlachthof ist geschlossen. Die stark gestiegene Zahl von Corona-Infektionen im Kreis Steinburg geht nach Angaben des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums auf ein lokal begrenztes Ausbruchsgeschehen im Zusammenhang mit einem Schlachthof zurück. (dpa)
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Nach dem Ausbruch des Coronavirus in Fleischfabriken haben die beiden betroffenen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein am Freitag Corona-Tests in allen Schlachthöfen angekündigt. In Nordrhein-Westfalen sollen auch die Sammelunterkünfte in der Fleischbranche sowie von Erntehelfern auf Hygienemaßnahmen überprüft werden.
„Ich glaube, dass das, was wir jetzt machen, sehr dafür sorgen wird, dass die Branche für Hygienepläne stärker sensibilisiert wird, da wo sie es nicht ist“, hatte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag zu Sammelunterkünften in der Fleischindustrie erklärt. Es gebe die Befürchtung, „dass die Strukturen, die insbesondere im Bereich der Unterbringung von Werkvertrag-Arbeitnehmern teilweise vorherrschen, nicht den Hygienebedingungen einer Pandemieentwicklung entsprechen könnten“.
151 von 1200 Mitarbeitern der Firma Westfleisch in Coesfeld hatten sich zuletzt angesteckt. Der Betrieb wurde vorübergehend geschlossen. In einem Schwesterbetrieb in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen gibt es nach Angaben der Landesregierung zudem 33 Infizierungen bei insgesamt 1250 Mitarbeitern. Auch in Schleswig-Holstein ist ein Schlachthof in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) betroffen. Dort wurden 109 Beschäftigte positiv getestet. Ein Großteil der Ausländer, die dort arbeiten, sind auf dem Gelände einer Kaserne im Kreis Steinburg in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht.
Länder sollen Infektionszahl kontrollieren
Die massive Häufung kommt kurz nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwoch festgelegt hatten, dass wegen der regional unterschiedlich hohen Infektionszahlen wieder stärker vor Ort über Maßnahmen entschieden werden soll. Die Länder sollen sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt wird.
Ein Teil der für kommenden Montag vorgesehenen Lockerungen bei den Schutzmaßnahmen wurde im Kreis Coesfeld um eine Woche verschoben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bezeichnete dies in der „Rheinischen Post“ am Samstag als beispielhaft. „Wenn wir den Weg in den neuen Alltag mit weniger bundesweiten Einschränkungen gehen wollen, dann muss bei Ausbrüchen vor Ort zügig und konsequent gehandelt werden“, sagte er.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte seine Länderkollegen laut einem Medienbericht wegen mehrerer Corona-Ausbrüche auf, den Arbeitsschutz für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft und in der Fleischindustrie streng zu kontrollieren. „Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Situation in Sammelunterkünften und beim Personentransport zu legen“, heißt es darin laut NDR und WDR.
Diskussion um Obergrenze
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) will die Lockerungen der Corona-Beschränkungen in seinem Bundesland notfalls früher zurückdrehen, als es die Einigung zwischen Bund und Ländern vorsieht. „Wir werden da wesentlich vorsichtiger herangehen, als es der Bund verabredet hat“, sagte Haseloff dem „Tagesspiegel“ am Samstag.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigte trotz des Anstiegs der Infiziertenzahl im Landkreis Coesfeld über die neu vereinbarte Höchstgrenze hinaus die zuletzt beschlossene Lockerung der Corona-Auflagen. „Hier können wir jetzt zielgerichtet und konsequent vorgehen, ohne das ganze Land in Haftung zu nehmen“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ am Samstag: „Es war richtig, einen Strategiewechsel hin zu ortsnahen und regionalen Entscheidungen vorzunehmen.“

dpa