Archivbild. Der Flughafen Istanbul. Ein Flugzeug der Turkish Airlines hebt gerade ab. (dpa)
Folgen

Wenn man vor den Anzeigetafeln am Istanbul International Airport steht, wird einem bewusst, in welchem Umfang die Welt sich bereits gedreht hat. Von hier aus stehen Destinationen auf dem afrikanischen Kontinent, wo auch immer im Nahen Osten oder Zentralasien bis in die deutsche Provinz offen. Der Slogan der nationalen Fluglinie Turkish Airlines „Globally Yours“ sagt eigentlich alles. Denn wer von Istanbul losfliegt, dem steht wahrlich die Welt offen.

Global und dennoch menschliches Maß

Mit einem Passagieraufkommen von 26,4 Millionen Menschen im Jahr 2021 ist dieser größte türkische Airport nach jenem von Dubai weltweit auf Platz zwei. Erst im März 2019 ging er in Betrieb und löste den ebenfalls beeindruckenden Atatürk-Flughafen ab. Der Pandemie zum Trotz arbeitete sich der der neue Flughafen binnen kurzem in der Weltrangliste hoch. Und auch in Zeiten der Covid-Restriktionen wurden Tests und andere sanitäre Maßnahmen auf diesem türkischen Drehkreuz sowie auf den Flügen professioneller und vor allem menschlicher gehandhabt, als dies in Deutschland der Fall war.

Wann immer ich in Istanbul umsteige, fasziniert mich, wie es den Mitarbeitern vom Check-in über die Sicherheitskontrolle bis zum Bordpersonal gelingt, trotz aller Größe den menschlichen Umgang zu erhalten. Denn ob Kind oder Geschäftsreisender, der Service ist sympathisch. Und genau daran fehlt es den Flughäfen in vielen europäischen Städten, wo Unfreundlichkeit und erschreckende Inkompetenz herrschen. Es ist also nachvollziehbar, warum in Deutschland der Ruf laut wurde, türkische Mitarbeiter anzuheuern, um die Airport-Misere noch in den Griff zu bekommen. Doch bestimmte Stellen riefen dann: „Nee, das geht gar nicht, aus Sicherheitsgründen!“, und so spitzt es sich in diesen Wochen zu. Für viele Reisende wohl die Lektion, fortan gewisse Flughäfen zu meiden, denn alles wird zur Nervenprobe. Das chronische Flugchaos, das Europa in seiner Dauerkrise erfasst hat, ist wie ein Spiegel der vielen gesellschaftlichen Probleme.

Fehler und fehlende Verantwortung

Auf Platz drei der internationalen Drehscheiben folgt der Amsterdamer Flughafen Schiphol. Doch im Sommer 2022 bricht auch dort wie in Frankfurt, Wien oder Köln etc. vieles zusammen. Weder funktioniert die Abfertigung der Passagiere, noch wird der Flugplan eingehalten. Reisende wurden offiziell aufgefordert, Schiphol zu meiden, auf ihre Flüge zu verzichten, da nach ersten Turbulenzen im Mai ein sommerliches Chaos absehbar war. Die Probleme haben ihre Gründe, und dies seit Jahren. Viele Airports zerbrechen an einem Gemisch aus kaputtem Management, wo sich einer hinter dem anderen versteckt, niemand mehr Verantwortung übernimmt, und völlig falscher Rekrutierung. Jede Branche hat so ihre Besonderheiten. Der Mythos Luftfahrt ist zwar schon eine Weile dahin, aber die Mitarbeiter sollten noch einen Hauch von Weltläufigkeit und Gastfreundlichkeit haben. Andernfalls sind sie für diesen Beruf ungeeignet. Für jede Dienstleistung muss man Talent und nicht nur einen Abschluss mitbringen. Die Mitarbeiter auf den Airports im Nahen Osten sind ihren europäischen, vor allem ihren deutschen Kollegen, in Freundlichkeit und Gelassenheit etwas überlegen.

Service ist alles

Von der Reisesaison scheinen die Flughafenbetreiber ebenso wie die Fluglinien in Europa fast überrascht. Es fehlt an Personal, wofür nicht die neuen Corona-Infektionen als alleiniger Grund herhalten können. Die europäischen Luftfahrtkonzerne, die im Gegensatz zu Kleinunternehmen von den Steuerzahlern in der Pandemie rasch und unkompliziert gerettet wurden, stolpern nun täglich über ihr selbstverursachtes Chaos. Richtig rekrutieren, klug planen, aber auch flexibel bleiben und vor allem nicht vergessen, dass man im Servicebereich angesiedelt und nicht eine Außenstelle des Militärs ist, das alles ist wichtig. Am Flughafen Wien musste man als Reisender jahrelang letzteren Eindruck haben, denn Soldaten hatten groteskerweise in Uniform und Kommandoton Verwaltungsaufgaben übernommen.

Die Ära, als Fliegen noch Freude machte, ging für viele mit den Anschlägen vom 11. September und den Sicherheitskontrollen zu Ende. Aber auch darin unterscheidet sich die Luftfahrt in der Türkei, wo der Terrorismus immer wieder zuschlägt. Bemerkenswerterweise gelingt den Verantwortlichen trotz erforderlicher Sicherheitsmaßnahmen eine gute Atmosphäre. Der Airport ist bekanntlich das Aushängeschild eines Staates.

Und dann wäre da noch das Essen. Banal, und doch so wichtig. Dass das Essen in der Economy-Class von Turkish Airlines um vieles besser ist als ein Menü in der Business Class der Lufthansa Group, hat sich international herumgesprochen. Die Liste der kleinen, aber feinen Unterschiede ließe sich fortsetzen.

Als jemand, der in einer Familie aufwuchs, die beruflich der Luftfahrt verbunden war, erinnere ich mich an Zeiten, als die Fliegerei etwas Besonderes war. Das einstige Flair ist zweifellos dahin, was auch am allgemeinen Niedergang der Manieren unter den Passagieren liegt. Aber in Istanbul und auf einem Flug mit Turkish Airlines lässt sich jener ganz besondere Duft der großen weiten Welt noch erschnuppern. Ein Grund unter vielen, via Istanbul zu reisen.

Meinungsbeiträge geben die Ansichten des jeweiligen Autors und nicht die der Redaktion wieder. Für Anfragen wenden Sie sich bitte an: meinung@trtdeutsch.com