Die türkische Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den inhaftierten ehemaligen Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu erhoben. Wie aus der am Dienstag veröffentlichten Anklageschrift hervorgeht, wird ihm zur Last gelegt, sein Amt zur persönlichen Bereicherung missbraucht zu haben. Imamoğlu werden demnach in 142 Anklagepunkten die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Erpressung und verschiedene Korruptionsdelikte wie Bestechlichkeit, Veruntreuung, Geldwäsche und Ausschreibungsbetrug vorgeworfen.
Die Staatsanwaltschaft reichte die 4000 Seiten umfassende Anklageschrift am Dienstag bei einem Gericht in Istanbul ein. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, will die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe fordern, die sich auf bis zu 2430 Jahre summieren könnte.
Laut Staatsanwaltschaft habe Imamoğlu ein weitverzweigtes kriminelles Netzwerk geleitet, an dem über 400 Personen beteiligt gewesen seien – von hochrangigen Beamten bis hin zu einflussreichen Geschäftsleuten.
Schaden über vier Milliarden Dollar
Der Anklageschrift zufolge entstand der öffentlichen Hand ein Schaden von 160 Milliarden Türkischen Lira sowie 24 Millionen US-Dollar.
Demnach nahm die Istanbuler Stadtverwaltung (IBB) einen Auslandskredit über 69,5 Milliarden Lira für den Ausbau des Schienennetzes auf. Von dieser Summe seien 19,9 Milliarden Lira an ausländische Finanzinstitute und 13,9 Milliarden Lira an unternehmensnahe Strukturen überwiesen worden – insgesamt ein Verlust von mehr als 30 Milliarden Lira für den Staat.
Als Beweise werden unter anderem Finanzermittlungsberichte, verschlüsselte Kommunikation, Überwachungsvideos und digitale Daten genannt – die laut den Ermittlern ein systematisches Fehlverhalten in der Istanbuler Stadtverwaltung sichtbar machen.
Im Zentrum des Falles stehen engste Vertraute von Imamoğlu: der Stadtsprecher Murat Ongun, der Vorsitzende des IBB-Sportvereins Fatih Keleş, der Bauunternehmer Tuncay Yılmaz, der Bürgermeister des Bezirks Beylikdüzü Mehmet Murat Çalık sowie der Anwalt von Imamoğlu, Mehmet Pehlivan.
Laut Anklage spielten sie eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung eines gut koordinierten Systems aus Einfluss und finanziellen Vorteilen. Dieses System habe die Grenze zwischen öffentlicher Pflicht und privater Bereicherung verwischt.
Imamoğlu befindet sich seit März dieses Jahres in Untersuchungshaft. Er wurde damals zusammen mit mehreren Dutzend weiterer Verdächtiger im Rahmen einer Korruptionsermittlung rund um die Istanbuler Stadtverwaltung festgenommen.



















