Dr. Thilo Pahl, Geschäftsführer der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (TRT World)
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TRT Deutsch hat mit Dr. Thilo Pahl über die aktuelle Lage der deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen gesprochen. Er ist Geschäftsführer der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) und Delegierter der Deutschen Wirtschaft.

An welchem Punkt stehen die Wirtschaftsbeziehungen im bilateralen Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei?

Türkei und Deutschland verbindet eine gefestigte wirtschaftliche Partnerschaft. Das Handelsvolumen beträgt 36 Milliarden Euro. Mehr als 7000 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung sind in der Türkei aktiv. Mehr als 100 000 Beschäftigte arbeiten in der Türkei bei deutschen Unternehmen.

Auf der anderen Seite ist Deutschland der wichtigste Exportmarkt für türkische Unternehmen. Gerade im Bereich Automotive und Maschinenbau ist die Verflechtung der Türkei mit Deutschland sehr eng.

Wo sehen Sie Herausforderungen beim weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Kontakte, sodass auch beide Staaten davon profitieren?

Das Potenzial ist noch nicht voll ausgeschöpft. Die Politiker beider Länder sollten weiter im Gespräch über wirtschaftliche Themen bleiben. Die Zollunion mit der EU braucht eine Pflege von beiden Seiten. Dann gibt es auch Chancen für eine Weiterentwicklung - zum Vorteil Deutschlands und der Türkei.

Deutsche Unternehmen, die schon länger im Land sind, haben schon einige wirtschaftliche und politische Herausforderungen erlebt. Sie haben eine langfristige, strategische Perspektive, kennen das Chancenpotential der Türkei und bleiben dem Standort treu.

Neue Investoren, insbesondere aus dem Mittelstand, sind zurzeit eher abwartend. Sie beobachten, wie sich die wirtschaftliche und politische Situation weiter entwickelt. Politisch hochrangige Termine sind daher ein wichtiges Signal, das das Vertrauen in den Investitionsstandort Türkei stärkt.

Deutschland wirbt gerne für sein duales Bildungssystem als Erfolgsmodell. Gibt es auch Interesse in der Türkei für einen Erfahrungsaustausch?

Die Türkei besitzt bereits jetzt eine gute Infrastruktur für betriebliche Ausbildung. Die Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer steht gerne bereit, innovative Pilotprojekte in diesem Bereich zu unterstützen – das hilft der Wirtschaft und den jungen Menschen bei der Suche nach einem attraktiven Karriereeinstieg gleichermaßen.

Die Betriebe vermitteln im deutschen Ausbildungssystem die Qualifikationen, die eine moderne Wirtschaft braucht. Die duale Ausbildung ist dadurch der Garant für die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland von nur 5 Prozent. Zudem tragen berufsqualifizierte Fachkräfte entscheidend zur Steigerung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft bei.

Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Erdoğan weihen einen neuen Uni-Campus der Türkisch-Deutschen-Universität (TDU) in Istanbul ein. Welche Bedeutung nimmt der akademische Ausbau in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ein?

Die TDU ist eine wichtige Institution in der türkischen Bildungslandschaft. Die Vermittlung von Deutschkenntnissen und die enge Zusammenarbeit mit Betrieben macht die TDU zu einem bedeutenden Baustein für die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen. Als Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer arbeiten wir daher im Interesse unserer Mitglieder eng mit der TDU zusammen.

Vielen Dank für das Gespräch!

TRT Deutsch