20.01.2022, Berlin: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin von Deutschland, gibt mit ihrem Amtskollegen aus den USA, Antony Blinken, nach den Gesprächen mit den Außenministern Großbritanniens und Frankreichs im Auswärtigen Amt eine Pressekonferenz. (dpa)
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Im Konflikt mit Russland hat der Westen bei einem Außenministertreffen in Berlin Geschlossenheit demonstriert. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Donnerstag, mit Blick auf Russland sprächen die USA und Europa „mit einer Stimme“. „Diese Einigkeit gibt uns Stärke - eine Stärke, das darf ich hinzufügen, über die Russland nicht verfügt und die Russland nicht erreichen kann“, sagte Blinken bei einer Pressekonferenz mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Beide warnten Moskau im Falle eines Einmarsches in die Ukraine, über den im Westen seit November des Vorjahres spekuliert wird, vor „massiven Konsequenzen“.

Baerbock: Es geht um „Erhalt der europäischen Friedensordnung“

Angesichts der zugespitzten Lage im Ukraine-Konflikt kamen Blinken und Baerbock am Vormittag mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian und dem britischen Vize-Außenminister James Cleverly zu einem Krisentreffen zusammen. Nach seinem bilateralen Gespräch mit Baerbock wollte Blinken am späten Nachmittag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) treffen.

Baerbock warnte Moskau für den Fall eines Angriffs auf die Ukraine vor „gravierenden Konsequenzen“. Es gehe im Ukraine-Konflikt „um nichts weniger als den Erhalt der europäischen Friedensordnung“, sagte die Außenministerin.

Blinken unterstrich die gemeinsame Position der Verbündeten in der Krise. Diese werde er auch bei seinem Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Freitag in Genf erneut deutlich machen. „Wir sind da sehr klar: Wenn russische Militärkräfte die Grenze zur Ukraine überschreiten und neue Aggressionen gegen die Ukraine verüben, dann wird dies eine schnelle und harte Antwort der USA und unserer Verbündeten und Partner nach sich ziehen.“
Bemühung um Wiederbelebung des Normandie-Formats

Blinken sagte weiter, er werde bei dem Treffen mit Lawrow die Unterstützung der USA für eine Wiederbelebung des sogenannten Normandie-Formats bekräftigen. In dem Format setzen sich Deutschland und Frankreich für eine friedliche Befriedung des Konflikts in der Ostukraine ein; Berlin und Paris werben derzeit intensiv für ein erneutes Treffen in der Vierer-Formation.

Wegen des massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine befürchtet der Westen, dass Russland einen Einmarsch in das Nachbarland vorbereitet. Blinken warf Russland vor, mit der Bedrohung der Ukraine die internationale Sicherheitsordnung zu gefährden. Sollte der Westen zulassen, dass Moskau die Souveränität der Ukraine verletze, drohe ein Rückfall in die Zeit des Kalten Krieges, warnte er in einer Rede in Berlin.

Die USA und die Europäer drohen Moskau seit Wochen mit Konsequenzen, sollte die russische Armee die Ukraine angreifen. Welche Sanktionen Russland genau drohen würden, lassen die Staaten aber offen.
Blinken: Nord Stream 2 „Druckmittel“ gegenüber Russland

Blinken betonte am Donnerstag, mit der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 habe der Westen bereits ein „Druckmittel“ gegenüber Russland in der Hand. „Es ist bemerkenswert, dass durch die Pipeline noch kein Gas fließt. Das bedeutet, dass die Pipeline ein Druckmittel Deutschlands, der USA und ihrer Verbündeten ist, und keines von Russland.“

Blinkens dreitägiger Aufenthalt in Europa hatte am Mittwoch mit politischen Gesprächen in Kiew begonnen und folgt auf einen Marathon aus diplomatischen Gesprächen zur Ukraine-Krise. Russlands Präsident Wladimir Putin hat dem Westen einen Forderungskatalog vorgelegt, in dem er unter anderem einen Verzicht der Nato auf eine weitere Osterweiterung verlangt. Das Verteidigungsbündnis lehnt dies ab.

US-Präsident Joe Biden hatte am Mittwochabend die Einschätzung geäußert, dass Putin einen zumindest begrenzten Angriff auf die Ukraine plane. Dabei sorgte der Präsident mit der Andeutung für Irritationen, dass ein „kleineres Eindringen“ Russlands in das Nachbarland von der Nato weitgehend hingenommen werden könnte. Scharfe Kritik kam von den oppositionellen Republikanern, aber auch aus der Ukraine. Er wolle die „großen Mächte daran erinnern, dass es keine kleineren Überfälle und keine kleinen Nationen gibt“, twitterte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland, Sergej Netschajew, betonte hingegen, es gebe keinerlei Pläne seines Landes, irgendwo einzumarschieren. Es sei allerdings das „absolute Recht“ Russlands, die eigenen Truppen nach eigenem Gutdünken auf eigenem Territorium zu bewegen. Man reagiere auch darauf, dass die Ukraine „von unseren westlichen Gesprächspartnern mit Waffen gesättigt“ werde.

AFP