Der Webauftritt des umstrittenen Projekts „Moscheepedia“ (Moscheepedia)
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Nachdem erst in den vergangenen Wochen die sogenannte Islamlandkarte in Österreich für Empörung unter Politikern und Muslimen gesorgt hatte, stoßen immer mehr Internetnutzer nun auf ein ähnliches Projekt mit dem Namen „Moscheepedia“ in Deutschland. Es stammt vom Journalisten und Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber und ist ebenfalls bereits seit Tagen Gegenstand von kontroversen Diskussionen. Das Anfang März veröffentlichte Projekt dokumentiert Moscheen hauptsächlich aus Deutschland und möchte laut eigenen Angaben Einblicke in die Gotteshäuser und die dort gehaltenen Predigten geben.

Mit zwei weiteren Journalisten, deren Namen nicht genannt werden, hat Schreiber laut eigenen Angaben Moscheen in deutschen Städten aufgesucht und mit den jeweiligen Verantwortlichen und der Gemeinde gesprochen. Zu all den Moscheen gebe es auch dazugehörige Experteninterviews und Kommentare auf der Webseite. Insgesamt seien es 550 Besuche gewesen, die Schreiber und sein Team absolviert haben wollen. Allerdings werden bisher nur 191 Moscheen in der Karte auf moscheepedia.org gezeigt.

Kritiker werfen Schreiber unter anderem vor, bei dem Projekt keine tiefgehende Recherchearbeit geleistet zu haben. So ergebe etwa Google Maps oft mehr Treffer zu Moscheen als Moscheepedia. Infos zu den Moscheen wie jene zur Beobachtung der Dresdner Moschee „Marwa Elsherbiniy“ durch den Verfassungsschutz gründen sich lediglich auf vage Behauptungen, beispielsweise von „Zeit Online“. Der freie Journalist Fabian Goldmann kritisierte etwa anhand dieses Beispiels in den sozialen Netzwerken das Projekt.

Ein Screenshot aus der Instagram-Seite des „Moscheepedia“-Projekts (Moscheepedia)

Schreiber erwähne zudem nicht das Gemeindeleben der Muslime, die geleistete Sozialarbeit oder die angebotenen Deutsch- und Sportkurse. Ebenso seien Anschläge auf die Einrichtungen unerwähnt geblieben. Das Projekt sei außerdem aus der Sicht des Datenschutzes problematisch, da offenbar nicht immer die Einwilligung der gefilmten oder fotografierten Muslime eingeholt wurde. Goldmann stellt anschließend die Frage, worin genau der Unterschied zur vielfach kritisierten „Islamlandkarte“ bestünde.

Der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze äußerte ebenfalls seine Ablehnung gegenüber dem Projekt und unterstellt Schreiber, andere Intentionen zu haben als Toleranz gegenüber Muslime und Transparenz zu fördern. „Eine Kartierung von Moscheen ist angesichts der politischen Debatten um die Zugehörigkeit des Islam etwas vollkommen anderes als eine Karte von Autobahnraststätten“, so Schulze. Die gegenständliche verknüpfe Informationen mit Vorurteilskontexten. Den gleichen Stil habe Schreiber bereits in seinem Roman „Die Kandidatin“ gezeigt.

Schreiber sah sich bereits nach der Veröffentlichung seines 2017 erschienenen Buches „Inside Islam“ ähnlicher Kritik ausgesetzt. Unabhängige Stimmen kritisierten, dass dem Buch der Tiefgang fehle. Der Journalist hatte knapp 20 von mehreren hundert Moscheen in Deutschland besucht. Trotzdem bewarb er sein Buch als „erster deutscher Moschee-­Report“.

TRT Deutsch