Illegale Pushbacks gegen Geflüchtete: EU startet Ermittlungen gegen Frontex
Die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde hat eine Untersuchung gegen die Grenztruppe Frontex eingeleitet. Dabei geht es um gewalttätige Zurückdrängung von Geflüchteten in Griechenland sowie „Belästigung und Fehlverhalten auf höchster Ebene“.
25.07.2020, Spanien, Malaga: Ein Mitglied der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) steht auf einem Patrouillenboot am Hafen von Malaga. Die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf ermittelt gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex. (DPA)


Nach Vorwürfen der illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen hat die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde „Olaf“ Ermittlungen gegen die Grenztruppe Frontex aufgenommen. Die „Olaf“-Pressestelle in Brüssel bestätigte am Dienstag, dass Ermittlungen „bezüglich Frontex“ eingeleitet wurden. Die Behörde kann nicht nur bei Fällen von Betrug und Korruption ermitteln, sondern auch beim Verdacht von „schwerem Fehlverhalten“ von EU-Mitarbeitern.

Deutsche und ausländische Medien hatten im Oktober über die Verwicklung von Frontex in illegale Zurückweisungen von Geflüchteten durch die griechische Küstenwache berichtet. Frontex-Beamte waren demnach seit April nachweislich bei mindestens sechs sogenannten Pushbacks in der Ägäis in der Nähe gewesen. Von einigen Vorfällen gibt es auch Videoaufnahmen.

Das Nachrichtenportal „Politico“ hatte unter Berufung auf EU-Beamte berichtet, dass es bei der Ermittlung um „Belästigung und Fehlverhalten auf höchster Ebene“ gehe.

Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) verbieten eine Rückweisung von Geflüchteten ohne Einzelfallprüfung. Einzige Ausnahme: Wurde die Person bereits in einem anderen EU-Staat registriert, kann sie gemäß Dublin-Verordnung dorthin abgeschoben werden. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch prangern die Praxis der Pushbacks immer wieder an. Besorgniserregend sei dabei die oft mit einhergehende Gewaltanwendung.

Büro von Frontex-Chef durchsucht

Der „Spiegel“ hatte berichtet, dass „Olaf“ Anfang Dezember eine Durchsuchung im Sitz von Frontex in Warschau vorgenommen habe, darunter auch das Büro von Behördenchef Fabrice Leggeri.

Leggeri hatte die Pushback-Vorwürfe ebenso wie die griechische Regierung wiederholt zurückgewiesen. Der „Spiegel“ hatte jedoch unter Berufung auf interne Frontex-Dokumente berichtet, dass Leggeri persönlich über mehrere Vorfälle unterrichtet worden sei. Frontex-Flugzeuge zeichneten sogar einen Pushback auf. Die EU-Kommission hatte im November eine Sondersitzung des Verwaltungsrates von Frontex einberufen. Eine darauf gegründete Arbeitsgruppe soll ihren Bericht zu den Vorwürfen beim nächsten Treffen am 20. und 21. Januar vorlegen. Frontex unterstützt Griechenland derzeit mit fast 600 Beamten. Sie helfen im Rahmen der Frontex-Operation „Poseidon“ bei der Überwachung der Seegrenzen zur Türkei und bei der Identifizierung und Registrierung ankommender Migranten. Die EU will die Grenztruppe bis 2027 auf rund 10.000 Einsatzkräfte ausbauen. Derzeit läuft eine Rekrutierungskampagne.

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AFP