VW-Vorstand: Bei Integration von Flüchtlingen nicht nachlassen
VW-Vorstand Witter mahnt, das Thema Flüchtlingsintegration nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. Der Konzern führt seit der Flüchtlingswelle 2015 ein Programm, um Geflüchtete besser an den Berufsalltag heranzuführen.
Frank Witter (DPA)

Die deutsche Wirtschaft und Arbeitsmarktpolitik dürfen nach Ansicht von VW-Finanzvorstand Frank Witter bei der Integration von Flüchtlingen nicht nachlassen.

„Wir haben viele geflohene Menschen im Land, und der Integrationsprozess ist lang“, sagte der Manager, der Schirmherr von Projekten zur Hilfe für Geflüchtete bei Volkswagen ist, der Deutschen Presse-Agentur. Auch in den Unternehmen müsse dies systematisch angegangen werden. „Wir alle wissen, wie wichtig es ist, das geordnet und konzertiert zu machen. Die Politik kann und muss viel tun, aber das allein ist es nicht“, so Witter. Auch die Wirtschaft und jeder Einzelne hätten Verantwortung.

Deutschlands größter Industriekonzern hat seit dem Höhepunkt der Flüchtlingszuwanderung im Herbst 2015 etwa ein Programm entwickelt, das Geflüchtete an den Berufsalltag heranführen und ihnen neben Sprachkenntnissen auch Basisqualifikationen vermitteln soll. Manche Teilnehmer sprangen ab, in etlichen Fällen bewarben sie sich aber auch erfolgreich um eine Ausbildung bei VW, Konzerntöchtern oder anderen Firmen, die sich an lokalen Partnerschaften beteiligen.

„Es war am Anfang eine Herausforderung für uns alle, es konnte niemanden kaltlassen“, sagte Witter im Rückblick auf 2015.

„Aber es haben sich schließlich auch viele Chancen aus dieser Situation ergeben" - bei VW wie bei weiteren Betrieben. Die Wirtschaft könne von Erfahrungen und Kenntnissen Geflüchteter profitieren. „Es kann auch für höher Qualifizierte wichtig sein, etwa die sprachlichen Fundamente zu legen, damit das Potenzial abgerufen werden kann.“

Bei der Suche nach IT-Experten für die konzerninterne „Fakultät 73“ seien zwei Flüchtlinge genommen worden, die sich am Ende genauso qualifizieren mussten wie alle anderen, sagte Witter. „Es geht um die Schaffung gleicher Voraussetzungen. Sonst haben solche Bewerber keine Sonderrechte - am Ende des Tages muss die Leistung stimmen.“

Der Autobauer hat sich bei den Grundbildungsprojekten für Flüchtlinge mit weiteren Firmen und Branchen vernetzt. „Auch im Austausch mit anderen Unternehmen – darunter Deutsche Telekom, Thyssenkrupp oder Bosch – haben wir Best Practices geteilt“, berichtete die Leiterin der VW-Flüchtlingshilfe, Ariane Kilian. „Und wir gehen mit der Industrie- und Handelskammer auf kleine und mittlere Betriebe zu.“

Laut Witter stellt der VW-Konzern jährlich einen Millionenbetrag für Begegnungs-, Bildungs- und Berufsintegrations-Initiativen zur Verfügung. Es gehe dabei aber um mehr als reine Finanzierung: „Wir können Autos und Geld bereitstellen, aber die Aufgabe ist viel komplexer. Und in die Organisation der Projekte ist auch viel Arbeits- und Freizeit von Fachexperten und Ehrenamtlichen geflossen.“

Der VW-Finanzchef mahnte, Entscheidungsträger dürften das Thema Flüchtlingsintegration nicht aus dem Blick verlieren, nur weil sich die Lage derzeit wieder beruhigt habe. „Es gibt immer noch eine riesige Zahl von Menschen, die weltweit auf der Flucht sind“, sagte er. „Es wäre naiv zu glauben, dass sich das nicht wiederholen kann.“

Daniel Terzenbach, Vorstand bei der Bundesagentur für Arbeit, sieht einen deutlichen Unterschied zwischen Anwerbung von Fachkräften und Beschäftigung von Flüchtlingen: „Das eine dreht sich um Rekrutierung in Drittstaaten, um Fachkräfte. Das andere ist humanitäre Zuwanderung.“ Doch auch dort, wo Flüchtlinge etwa Hilfsjobs annähmen, nutze dies. „Wir sind da ganz überwiegend in der Vermittlung in der Zeitarbeit, im Reinigungsgewerbe, in den einfachen Tätigkeiten der Lagerlogistik - aber alles wertschöpfend, wo auch nachgefragt wird.“

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