E-Sport: Kriminologe kritisiert politische Anerkennung
Der Kriminologe Pfeiffer nennt E-Sport eine Einstiegsdroge und kritisiert die politische Anerkennung. Der „eSport-Bund Deutschland“ nennt das Digitalisierungsverweigerung.
Ein E-Sport-Event vor Zuschauern. (DPA)

Der Kriminologe Christian Pfeiffer kritisiert die politische Anerkennung von E-Sport. Das sei eine „Einstiegsdroge“, sagte Pfeiffer, der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, der Deutschen Presse-Agentur über Fußball-Spiele. „Darüber finden die Jungs den Zugang zu anderen Spielen.“

Aus seiner Sicht fehlt eine Auseinandersetzung der Politik mit Erkenntnissen der Forschung zu dem Thema. „Diese hat seit mehr als zehn Jahren etwas klar belegt: Die bundesweit wachsende Leistungskrise der männlichen Jugendlichen und jungen Männer beruht in hohem Maß auf einem Anstieg der Intensität und täglichen Dauer ihres Computerspielens.“

Bildungsexperten betonen dagegen, dass die Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen nicht auf die eine Ursache zurückzuführen sind und vielfältige Gründe haben können - darunter das System Schule.

„Stark zunehmende Bedeutung für unsere gesamte Gesellschaft“

Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) sieht vor allem im E-Sport auch „enorme Chancen“, wie sie im Sommer sagte. „Er wird oft als professionelle und kommerzielle Aktivität wahrgenommen, hat darüber hinaus aber auch eine stark zunehmende Bedeutung für unsere gesamte Gesellschaft.“ Sie wolle eine große E-Sport-Veranstaltung nach Bayern holen. „Das Ziel hier ist, durch die Strahlkraft einer solchen großen Veranstaltung die gesellschaftliche Akzeptanz für den E-Sport in Bayern und in Deutschland zu steigern.“

Erst am 6. Oktober hatte der Ausschuss für Inneres und Sport des niedersächsischen Landtags beschlossen, „die hohe Bedeutung von virtuellen Sportarten und deren Bedeutung für den Breitensport in Niedersachsen“ anzuerkennen. Auch in den Landesparlamenten in Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Bayern und Rheinland-Pfalz wurde das Thema diskutiert.

„Digitalisierungsverweigerer stecken im letzten Jahrhundert fest“

Der eSport-Bund Deutschland (eSBD) geht davon aus, dass „knapp vier Millionen Menschen in Deutschland sich für E-Sport begeistern“. Er zählt inzwischen 350 E-Sport-Organisationen in Deutschland - Amateurvereine, Profiteams, Hochschulgruppen und Turnierveranstalter. „Das Thema E-Sport ist längst kein Nischenthema mehr. Wir sprechen hier über ein weltweites Phänomen, das Millionen von Menschen erreicht und begeistert“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) unlängst im Landtag in Hannover. „Der digitale Breitensport ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“

Der eESBD weist Pfeiffers Kritik als „nicht sachgerecht“ zurück. „Wenn jemand etwas über zwanzig Jahre ohne Evidenz behauptet, dann macht es das Argument nicht richtiger, sondern nur altbacken“, sagte ESBD-Präsident Hans Jagnow. E-Sport trainiere schnelle Reaktionen, die soziale Gemeinschaft und den sportlichen Wettkampf. „Wer das als vor-dem-Bildschirm-sitzen abtut, steckt mit dem Kopf als Digitalisierungsverweigerer noch im letzten Jahrhundert fest.“

DPA