Baerbock in Kiew: Unterstützung für Ukraine - „Nein“ zu Waffenlieferungen
Vor dem Hintergrund der Ukrainekrise hat Außenministerin Baerbock ihren Kollegen Kuleba in Kiew getroffen. Sie sagte der Ukraine erneut Unterstützung im Konflikt mit Russland zu – Waffenlieferungen hingegen lehnte sie ab.
17.01.2022, Ukraine, Kiew: Auf diesem von der Pressestelle des ukrainischen Außenministeriums zur Verfügung gestellten Foto begrüßen einander Dmytro Kuleba (r.), Außenminister der Ukraine, und Annalena Baerbock, Außenministerin von Deutschland, während ihres Treffens in Kiew. Foto: Uncredited/Ukrainian Foreign Ministry Press Office/AP/dpa (DPA)

Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine jede Art diplomatischer Unterstützung zur Lösung der Krise mit Russland zugesagt, Waffenlieferungen aber erneut abgelehnt. „Diplomatie ist der einzig gangbare Weg“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba in der ukrainischen Hauptstadt. Hintergrund sind Ängste Kiews vor einem Angriff Russlands. „Wir haben einen langen Atem“, sagte Baerbock. Zur Unterstützung bot sie der Ukraine einen intensiven Austausch im Bereich erneuerbare Energien und der Nutzung von Wasserstoff an.
Deutschland sei bei der Lösung der aktuellen Krise bereit zum Dialog mit Russland, versicherte Baerbock. Noch am Abend wollte sie nach Moskau weiterreisen, wo für Dienstag Gespräche mit Außenminister Sergej Lawrow über eine Deeskalation der Lage geplant waren.
Lawrow wies der Agentur Interfax zufolge Vorwürfe der USA als „Falschinformation“ zurück, wonach mutmaßlich eigene Agenten eine „Spezialoperation“ im Osten der Ukraine planten. Die US-Regierung hatte Moskau vorgeworfen, einen Vorwand für einen möglichen Einmarsch in die Ukraine zu schaffen. Der Kreml bezeichnete dies als „falsche Anschuldigungen“.
Baerbock: Nicht die eine Zaubertür zur Krisenlösung

Baerbock sagte, die Situation sei wahnsinnig schwierig. „Es gibt nicht diese eine Zaubertür, die man öffnen kann, und dann ist die Krise gelöst.“ Es müssten vielmehr die unterschiedlichen Verhandlungsformate genutzt werden. „Und wenn es nicht die eine Tür gibt, dann werden wir unterschiedliche Fenster öffnen, mit denen wir dafür sorgen können, dass diese derzeitige Bedrohungssituation für die Ukraine deeskaliert wird und wir an den Verhandlungstisch endlich zurückkehren können.“
In der vergangenen Woche hatte es ergebnislose Verhandlungen zwischen den USA und Russland, im Nato-Russland-Rat und in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gegeben. Baerbock betonte, gerade die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) spiele eine enorm wichtige Rolle beim Schutz der Zivilbevölkerung, der Überwachung der Sicherheit in der Ostukraine und zur Lösung der Konflikte. Die OSZE sei zur Sicherheit Europas geschaffen worden – „und jetzt ist ein Moment, diese Institution gemeinsam zu nutzen“.
Baerbock kündigte an, dass sie in Kürze mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian die Kontaktlinie im Konfliktgebiet Donbass besuchen wolle, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Situation dort sei „mehr als bedrückend“, vor allem jetzt im Winter, sagte sie nach einem Gespräch bei der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Kiew. „Wir brauchen Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarung.“

Deutschland wolle an „starker Außenpolitik“ festhalten
Ein in Minsk (Belarus) vereinbarter Friedensplan liegt auf Eis. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, gegen das Abkommen zu verstoßen. Mehr als 14.000 Menschen sind nach UN-Schätzungen im Donbass seit 2014 bei Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten getötet worden. Unter anderem die EU und die USA haben gegen Russland Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts verhängt.
Baerbock lehnte ukrainische Forderungen nach deutschen Waffenlieferungen erneut ab. Eine starke Außenpolitik kennzeichne, dass man eine klare Haltung habe. Deswegen ändere sie das, was sie „vor ein paar Wochen oder auch vor Monaten gesagt hat, nicht nach dem, wo ich gerade hinfahre“. Die Haltung zu Waffenlieferungen und für eine restriktive Rüstungsexportpolitik sei auch in der deutschen Geschichte begründet. Baerbock betonte zugleich, dass „jede weitere Aggression einen hohen Preis für das russische Regime hätte“. Die EU und die USA haben für den Fall eines vermeintlich drohenden Überfalls Russlands auf die Ukraine mit scharfen Sanktionen gedroht.
Berlin und Kiew: Normandie-Verhandlungen wieder in Gang bringen

Baerbock sprach sich erneut dafür aus, das sogenannte Normandie-Format für die Lösung des Konflikts wieder mit Leben zu füllen. Deutschland und Frankreich vermitteln dabei in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Kuleba betonte: „Unser gemeinsames Ziel ist die normale Arbeit des Normandie-Formats und ein neues Treffen im Normandie-Format.“

Mit Blick auf einen jüngst erfolgten größeren Cyberangriff auf Internetseiten der ukrainischen Regierung bot Baerbock an, Experten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zur Unterstützung und Aufklärung bereitzustellen. Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, mit der Hackerattacke etwas zu tun zu haben. Medien berichtet unter Berufung auf Cybersicherheitsexperten von Spuren, die nach Belarus führten.
Am Nachmittag wollte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Baerbock empfangen. Zudem war ein Gespräch der Ministerin mit Vertretern des Ukrainischen Wasserstoffrats geplant, der sich für die Entwicklung des Wasserstoff-Sektors in der Ukraine einsetzt. Baerbock kündigte an, demnächst solle in Kiew ein Büro für Wasserstoff-Diplomatie eröffnet werden.

DPA