Kasachstan: Gewalt und Proteste – Militär schreitet ein
Bei landesweiten Protesten über hohe Gaspreise sind in Kasachstan mehrere Polizisten und Soldaten getötet worden. Am Mittwoch trat die Regierung zurück. Im ganzen Land wurde der Ausnahmezustand verhängt. Präsident Tokajew bittet das Ausland um Hilfe.
04.01.2022, Kasachstan, Almaty: Bereitschaftspolizei bereitet sich darauf vor, Demonstranten zu blockieren. Aus Protest gegen hohe Energiepreise sind im zentralasiatischen Kasachstan den dritten Tag in Folge tausende Menschen auf die Straße gegangen. (DPA)

Nach gewaltsamen Ausschreitungen in Kasachstan in Zentralasien ist das Militär eingeschritten. „Terroristische Banden“ hätten sich in der Großstadt Almaty einen Kampf mit Fallschirmjägern geliefert, sagte Präsident Kassym-Jomart Tokajew in der Nacht zum Donnerstag in einer Fernsehansprache.

Der Flughafen der Stadt im Südosten der autoritär geführten Republik sei „befreit“ worden, berichteten kasachische Medien unter Berufung auf den stellvertretenden Bürgermeister von Almaty, Erschan Babakumarow. Es habe eine „Spezialoperation“ begonnen. Am Mittwochnachmittag hatte eine Menschenmenge Medien zufolge den Airport besetzt. Mehrere Fluggesellschaften strichen daraufhin Flüge nach Almaty.

05.01.2022, Kasachstan, Almaty: Rauch steigt vor dem Rathaus auf, vor dem sich Demonstranten versammelt haben. (DPA)

Mehrere kasachische Telegram-Kanäle veröffentlichten in der Nacht Videos, die militärisches Vorgehen gegen Demonstranten auch im Stadtgebiet von Almaty zeigen sollen. Auf den Aufnahmen sind Schussgeräusche zu hören sowie schreiende Menschen.

Präsident Tokajew sagte in seiner Ansprache zudem, er habe das von Russland geführte Militärbündnis „Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit“ um Hilfe gebeten. Bei den am Wochenende ausgebrochenen Unruhen handele es sich „nicht um eine Bedrohung, sondern um eine Untergrabung der Integrität des Staates“.

05.01.2022, Kasachstan, Almaty: Bereitschaftspolizisten blockieren eine Straße, um Demonstranten aufzuhalten. (DPA)

Die beispiellosen Proteste in Kasachstan, bei der laut Behörden bislang mindestens acht Polizisten und Soldaten getötet wurden, waren aus Unmut über deutlich gestiegene Preise für Flüssiggas an den Tankstellen ausgebrochen. Viele Kasachen tanken Flüssiggas, weil es billiger ist als Benzin. Die Ex-Sowjetrepublik wurde in eine schwere politische Krise gestürzt. Am Mittwoch trat die Regierung zurück. Im ganzen Land wurde der Ausnahmezustand verhängt. Besonders heftige Ausschreitungen gab es in Almaty. In der Wirtschaftsmetropole stürmten Demonstranten etwa die Stadtverwaltung und die Residenz Tokajews. In Kasachstan, das über Jahrzehnte von Präsident Nursultan Nasarbajew regiert wurde, handelt es sich um die größte Protestwelle seit Jahren. Das Land mit mehr als 18 Millionen Einwohnern grenzt unter anderem an Russland und China. Es ist reich an Öl- und Gasvorkommen. Die Republik ist auch einer der größten Uranproduzenten der Welt. Trotzdem kämpft Kasachstan mit Misswirtschaft und Armut. Wie viele tausend Menschen sich an den Protesten beteiligten, war unklar. Zwischenzeitlich wurde das Internet abgeschaltet - vermutlich, um neue Versammlungen zu erschweren. Mehrere Fernsehsender stellten den Betrieb ein.

DPA