Studie zeigt: Milchkühen in Deutschland geht es oft schlecht
Wie geht es den Kühen in Deutschland? Seit langem ist die Viehhaltung in der Kritik. Über mehrere Jahre haben Wissenschaftler die Gesundheit von Kühen und Kälbern untersucht. Das Ergebnis: Viele Tiere sind krank oder schlecht versorgt.
20.11.2020, Schleswig-Holstein, Nordstrand: Eine Kuh steht auf einer Weide und leckt sich mit ihrer Zunge über den Rücken. (DPA)

In Deutschland sind viele Kühe zu mager, lahmen oder enden zu früh im Schlachthof. Auch die Kälbersterblichkeit ist hoch, wie eine am Dienstag bekanntgewordene Studie eines Forschungsteams aus Hannover, Berlin und München ergab. Demnach erreicht jedes zehnte Kalb wegen Totgeburt oder Todes während der Aufzucht den vierten Lebensmonat nicht. Männliche Kälber sind öfter krank und schlechter versorgt als weibliche. Je nach Region ist ein Fünftel bis mehr als ein Drittel der Milchkühe pro Betrieb zu mager. Darüber hinaus sind viele Tiere lahm - im Norden sind es 22,8 Prozent der Tiere, im Osten 39,4 Prozent und in Bayern 22,7 Prozent.
Für die Studie besuchten die Forscher über einen Zeitraum von etwa drei Jahren regelmäßig 765 Milchkuhbetriebe in Schleswig-Holstein und Niedersachsen (Region Nord), Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt (Region Ost) sowie in Bayern (Region Süd). Untersucht wurden insgesamt über 186.000 Tiere, auch wurden Tierhalter interviewt. Beteiligt an der Studie waren Forscher der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Freien Universität Berlin und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gefördert wurde die Studie vom Bundeslandwirtschaftsministerium.
Die Studie offenbare große Unterschiede zwischen den untersuchten Betrieben, schrieben die Autoren. Das liege einerseits an regionalen Besonderheiten und der Betriebsgröße, andererseits aber auch an der Art der Betriebsführung. Viele Betriebe seien hinsichtlich der Tiergesundheit gewissenhaft geführt, allerdings gebe es einen „nicht unerheblichen Anteil“ an Betrieben, wo vermehrt Lahmheit, Kälberkrankheiten oder Stoffwechselerkrankungen auftreten.
Allerdings sei die Datengrundlage unsicher, weil sie oft auf Schätzung beruhe, schrieben die Studienautoren. Tierhalter unterschätzten die Krankheitsfälle der Tiere oft. Die Forscher empfahlen etwa eine gesetzlich festgeschriebene Hygieneverordnung, die Einrichtung von Hygieneschleusen, zugekaufte Tiere müssten in Quarantäne, ausreichend Schutzkleidung müsse vorhanden sein, ebenso ein Mindestmaß an Fläche für Krankenbuchten für Kälber, Jungtiere und Kühe.
Der überwiegende Anteil der Lahmheitsfälle, nämlich mehr als 90 Prozent, sei auf Klauenerkrankungen zurückzuführen. Gründe seien eine zu lang andauernde Druckbelastung wegen zu langer Stehzeiten oder unzureichender Klauenpflege, infektiös bedingte Erkrankungen lägen dagegen vor allem an Hygienemängeln. Lahmheit löse Schmerz und Stress der Tiere aus und bedeute wirtschaftliche Einbußen wegen der Behandlungskosten und geringerer Milchleistung.

DPA