Sächsischer Verfassungsschutz sammelte Daten über SPD-Politiker
Aufregung um Datensammlung in Sachsen: Der Verfassungsschutz des Landes soll illegal Informationen über den stellvertretenden Ministerpräsidenten Dulig gesammelt haben. Der SPD-Politiker spricht von einem „ungeheuerlichen Vorgang“.
08.06.2021, Sachsen, Dresden: Martin Dulig (SPD), Wirtschaftsminister von Sachsen, steht während eines Pressestatements vor dem Sächsischen Landtag. Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz soll kritische Äußerungen Duligs zum aus seiner Sicht zu laxen Umgang der sächsischen CDU mit dem Thema Rechtsextremismus gespeichert haben. (DPA)

Der sächsische Verfassungsschutz soll illegal Informationen über den Landeswirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig (SPD) gesammelt haben. In einem am Dienstag in Dresden von der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags veröffentlichten Nachbericht zur Datensammlung über Abgeordnete durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) taucht Dulig mit der Äußerung auf, dass „die CDU eine Verantwortung dafür trägt, welche Zustände heute in Sachsen hinsichtlich Rechtsextremismus und Rassismus herrschen“.

Zweifel an Verfassungstreuer von Abgeordneter linker Parteien?

Auch habe der Verfassungsschutz die Kritik von Dulig dokumentiert, wonach die CDU jenen mit Misstrauen begegne, die sich „stets gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagiert“ hätten. Sachsens Union hatte wiederholt Vorbehalte gegen eine Förderung von Initiativen geäußert, deren Verhältnis zum Linksextremismus und deren Treue zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung Fragen offen ließen. Auch über den früheren sächsischen Linken-Vorsitzenden und ehemaligen Fraktionschef Rico Gebhardt und den parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Landtag, Valentin Lippmann, sowie weitere Politiker sammelte der Verfassungsschutz laut Kommissionsbericht Äußerungen auch aus sozialen Netzwerken.

Die Kontrollkommission stellte klar, dass es sich um ein illegales Vorgehen handle. Die gespeicherten Informationen seien weder dazu geeignet, „im Rahmen einer Prüf- oder Verdachtsfallbearbeitung den Nachweis zu führen, dass sich die betroffene Person einer Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung angeschlossen hat oder für eine fremde Macht geheimdienstlich tätig ist“. Noch seien diese Informationen im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung der Betroffenen erhoben worden.

Dulig sprach im „Tagesspiegel“ von einem „ungeheuerlichen Vorgang“. „Mir fehlen dafür die Worte“, sagte der SPD-Politiker. Die über ihn gesammelten Informationen seien überwiegend belanglos und „eher peinlich für die Agenten“. Konkrete Bedrohungen wie ein Angriff auf sein Bürgerbüro seien dagegen vom Verfassungsschutz nicht aufgeführt worden. Datensammlung von AfD-Abgeordneten
Hintergrund der Entdeckung sind Untersuchungen der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Sammlung und Speicherung von Daten sächsischer AfD-Abgeordneter. Bei dieser Gelegenheit richteten zahlreiche Landtagsabgeordnete verschiedener Fraktionen Auskunftsersuchen an das LfV.

Im Juni vergangenen Jahres hatte der damalige Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath seinen Posten räumen müssen. Kritiker warfen Meyer-Plath, der seit 2012 im Amt war, unter anderem vor, er habe den Fokus zu wenig auf rechtsextreme Netzwerke gerichtet.
Kurz darauf wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz Daten von AfD-Abgeordneten gespeichert hatte. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) und der neue Verfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian nannten die Datenspeicherung rechtswidrig und verwiesen auf den Schutz des freien Abgeordnetenmandats durch das Grundgesetz. Die Parlamentarische Kontrollkommission wurde mit einer Untersuchung beauftragt.

AFP