Lübcke-Prozess: Experten sagen zum Messerangriff auf Iraker aus
Im Prozess um den Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke kommt es zur Behandlung weiterer Anklagepunkte. Der Angeklagte Stephan E. soll auch einen irakischen Flüchtling durch einen Messerstich in den Rücken schwer verletzt haben.
Der Angeklagte Stephan E. im Lübcke-Prozess (DPA)

Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat sich das Gericht nun erstmals ausschließlich mit einem weiteren Anklagepunkt gegen Stephan Ernst beschäftigt - dem Mordversuch an einem irakischen Flüchtling. Der Mann, der durch einen Messerstich in den Rücken schwer verletzt wurde und in dem Verfahren Nebenkläger ist, sagt in der kommenden Woche in dem Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt aus. Am Dienstag wurden zwei Sachverständige angehört, die mit den Ermittlungen zu diesem Angriff befasst waren. Zunächst sagte ein Gerichtsmediziner zu den Verletzungen aus, die der Iraker erlitten hatte. Die 4,5 Zentimeter tiefe Stichverletzung, die bis an die Wirbelsäule heranreichte und auch das Rückenmark verletzte, passe gut zu einem Messerstich, sagte der Direktor der Gießener Rechtsmedizin. Da er allerdings nur die vernähte Wunde und den Operationsbericht zu Gesicht bekommen habe, könne er keine Angaben zu Einstichwinkel und Stoßrichtung machen.

Messerstich mit „erheblichem Kraftaufwand“

Die Verletzung sei nicht lebensbedrohlich gewesen, da nur eine kleine Arterie getroffen worden sei. Wäre dagegen eine der quer verlaufenden Arterien in der Nähe der Wunde getroffen worden, „bleibt nicht viel Zeit für einen operativen Eingriff“, da es dann zu massiven Blutungen in der Brusthöhle komme. Bei dem Stich sei seiner Ansicht nach „erheblicher Kraftaufwand“ eingesetzt worden, so der Mediziner. Anschließend sagte ein Mitarbeiter des Hessischen Landeskriminalamts zu Untersuchungen beim Vergleich von Bildern einer Überwachungskamera einer Tankstelle und den drei im Haus von Ernst vorgefundenen Fahrrädern aus. Auf der Nachtaufnahme eines Radfahrers, die bei den Ermittlungen zu dem Messerangriff in der Nähe sichergestellt worden war, ließen sich allerdings keine Details erkennen. Ein eindeutiger Nachweis auf eines der Fahrräder von Ernst war durch die Untersuchungen nicht erbracht worden. In dem Verfahren vor dem OLG-Staatsschutzsenat muss sich der 47 Jahre alte Deutsche wegen Mordes verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, im vergangenen Jahr den CDU-Politiker Lübcke aus rechtsextremistischen Motiven auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen zu haben. In dem Verfahren muss sich zudem der wegen Beihilfe angeklagte Markus H. verantworten, der Ernst politisch beeinflusst haben soll. Der Senat hatte in der letzten Sitzung vor der Herbstpause den Haftbefehl gegen H. aufgehoben. H. muss aber weiterhin als Angeklagter vor Gericht erscheinen.

DPA