Karlsruhe setzt BND-Spionage Grenzen
Das Bundesverfassungsgericht kippt die gesetzlichen Regelungen zur Überwachung der Kommunikation von Ausländern im Ausland. Sie verstoßen demnach gegen das Telekommunikationsgeheimnis und die Pressefreiheit.
Karlsruhe setzt BND-Abhörpraxis Grenzen (DPA)

Das Bundesverfassungsgericht hat der Abhörpraxis des Bundesnachrichtendiensts (BND) Grenzen gesetzt. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe kippte am Dienstag die derzeit bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Überwachung der Kommunikation von Ausländern im Ausland, weil sie gegen das Telekommunikationsgeheimnis und die Pressefreiheit verstoßen. Die Verfassungsrichter hoben aber zugleich hervor, dass die gesetzlichen Grundlagen verfassungskonform gestaltet werden können. Die derzeitigen Vorschriften können deshalb auch bis Ende 2021 bestehen bleiben. (Az. 1 BvR 2835/17) Gegen das 2017 in Kraft getretene BND-Gesetz hatten vor allem mehrere ausländische Journalisten geklagt, die im Ausland über Menschenrechtsverletzungen oder autoritär regierte Staaten berichten. Beteiligt waren an der Klage auch die Organisation Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die Verfassungsbeschwerden richteten sich gegen die gesetzlichen Regelungen, die dem Geheimdienst die Überwachung der Telekommunikation etwa im E-Mailverkehr von Ausländern im Ausland ermöglichen. Es ging in dem Karlsruher Verfahren dagegen nicht um Kommunikation, an der Deutsche beteiligt sind.

Regelungen gelten vorerst weiter

Das Verfassungsgericht machte in seinem Urteil erstmals unmissverständlich klar, dass die Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte nicht auf Deutschland beschränkt sei. Der Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses und der Pressefreiheit erstrecke sich auch auf Ausländer im Ausland. „In einer solchen Wirkung der Grundrechte auch im Ausland liegt kein Übergriff in fremde Rechtsordnungen, weil es nur um die Frage der grundrechtlichen Bindung der deutschen Staatsgewalt, nicht um diejenige einer ausländischen Staatsgewalt geht“, sagte der Senatsvorsitzende Stephan Harbarth. Diese Bindung verhindere, „dass der Grundrechtsschutz in einer internationalisierten Welt hinter dem Handlungsradius der deutschen Staatsgewalt zurückbleibt oder sogar unterlaufen werden kann“. Die Verfassungsrichter mahnten für eine verfassungskonforme Ausgestaltung der Telekommunikationsüberwachung unter anderem besondere Schutzvorkehrungen etwa für Journalisten oder Rechtsanwälte an. Sie forderten zudem Begrenzungen und Vorgaben für die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten. Zudem muss dem Urteil zufolge eine unabhängige Kontrolle sichergestellt sein. Die Ausgestaltung der Auslandsüberwachung sei „in verhältnismäßiger Weise zu begrenzen“, sagte Harbarth. Das Verfassungsgericht lässt dem Gesetzgeber allerdings noch mehr als eineinhalb Jahre Zeit, um das BND-Gesetz entsprechend neu zu gestalten. Die derzeitigen Regelungen gelten vorerst weiter, müssen jedoch bis spätestens Ende 2021 geändert werden. Grundsätzlich haben die Verfassungsrichter auch keine Einwände gegen eine Überwachung im Ausland. Die strategische Kommunikationsüberwachung im Ausland durch den BND könne verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, sagte Harbarth. Dies beruhe auf dem „überragenden öffentlichen Interesse an einer wirksamen Auslandsaufklärung im Interesse der außen- und sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland“.

DPA