Geschichte der Migration in Deutschland soll sichtbarer werden
Menschen mit Migrationsgeschichte sollen in Deutschland sichtbarer werden. Deshalb will die Bundesregierung für diese Bevölkerungsgruppe eine Chancengleichheit im öffentlichen Dienst erreichen. Auch Museen sollen von Zuwendungen profitieren.
Geschichte der Migration in Deutschland soll sichtbarer werden (AA)

Die Geschichte der nach Deutschland eingewanderten Menschen soll sichtbarer werden. Wie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden können - insbesondere im öffentlichen Dienst -, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch 49 Vorhaben, die Integration und gesellschaftliche Einheit stärken sollen. Dazu zählt unter anderem die Förderung von Museen, die zeigen, dass Deutschland seinen kulturellen Reichtum auch Eingewanderten zu verdanken hat, wie es in einer Erklärung des Bundes zum „Nationalen Aktionsplan Integration“ heißt. Insbesondere das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland in Köln, das Auswandererhaus in Bremerhaven, das Museum Friedland und das Auswanderermuseum Ballinstadt in Hamburg sollen von Zuwendungen profitieren. Um Chancengleichheit für Menschen mit Migrationsgeschichte im öffentlichen Dienst zu erreichen, soll laut Kabinettsbeschluss ein „Berichtswesen zu Diversivitätsmaßnahmen“ eingeführt werden. Ein weiteres Kernvorhaben sei es, die „Integration und Gesundheitsförderung älterer Menschen mit Einwanderungsgeschichte durch niederschwellige Sport- und Bewegungsangebote“ fördern, heißt es weiter in der Erklärung des Bundes.

„Eine Frage des Zusammenwachsens und des Zusammenhalts“

Integration ende nicht mit dem Erlernen von Sprache, Bildungserfolgen und dem Zugang auf den Arbeitsmarkt, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU). Integration sei „auch eine Frage des Zusammenwachsens und des Zusammenhalts“. Das von der Bundesregierung vielfach beschworene Zusammenwachsen könne nicht mit blumigen Worten, sondern «nur mit echten Strukturreformen» gelingen, kritisierte die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Filiz Polat. Gleichberechtigte Teilhabe, Partizipation und Repräsentation müssten dafür gesetzlich verankert werden. In einer Online-Diskussionsrunde des OECD Berlin Centre warb der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke, für anonymisierte Bewerbungsverfahren, gerade auch im öffentlichen Dienst. Bei diesen Verfahren kennen Personalverantwortliche Geschlecht und Namen der Menschen, die sie zum Bewerbungsgespräch einladen, nicht. Das soll Diskriminierung vermeiden und Chancengleichheit herstellen.

26 Prozent der Menschen mit Migrationsgeschichte

Gerade in mittelständischen Unternehmen sei das anonymisierte Verfahren aber in der Praxis kaum umzusetzen, da dort meist ein und derselbe Mitarbeiter eingehende Bewerbungen sichte und dann auch die Bewerber einlade, gab der Leiter der OECD-Abteilung für Internationale Migration, Thomas Liebig, zu bedenken. Er sagte, Deutschland habe in Hinblick auf die Chancengleichheit von Migranten und ihren Nachkommen in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Die Corona-Krise sei allerdings ein „Härtetest“ für die Integrationspolitik. Denn erstens erlebe man in wirtschaftlichen Schwächephasen mehr Diskriminierung. Zweitens komme es in der Krise in der Arbeitswelt noch stärker auf Netzwerke an, über die Nachkommen von Migranten seltener verfügten als andere Menschen. Im vergangenen Jahr hatte das Kabinett bereits Teile des Aktionsplans Integration beschlossen. Dabei ging es unter anderem um einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, digitale Angebote in der Sprachförderung und eine schnellere Anerkennung mancher ausländischer Abschlüsse. An den Vorarbeiten für den Plan haben auch mehrere Migrantenorganisationen mitgewirkt. In Deutschland haben 26 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund, unter den Beschäftigten der Bundesbehörden liegt ihr Anteil bei zwölf Prozent. Die Ungleichheit im öffentlichen Dienst wolle ihre Partei „konsequent bekämpfen und wenn das nicht anders möglich ist, braucht es an dieser Stelle Maßnahmen und Instrumente wie eine Quote“, sagte die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke).

DPA