Dresden: Anklage fordert hohe Haftstrafen für mehrere Neonazis
Man grüßte sich mit „Heil Hitler“, plante Angriffe gegen politische Gegner und verhöhnte das jüdische Mädchen Anne Frank. Für acht Angeklagte der rechtsextremistischen Gruppe „Revolution Chemnitz“ drohen jetzt mehrjährige Haftstrafen.
Justizbeamte stehen im Eingangsbereich vom Prozessgebäude des Oberlandesgerichts Dresden. (DPA)

Im Prozess gegen die rechtsextreme Gruppierung „Revolution Chemnitz“, hat die Bundesanwaltschaft am Donnerstag für die acht Angeklagten Haftstrafen zwischen drei und fünfeinhalb Jahren gefordert. Die Gruppe hatte geplant, gegen Linke, „Parasiten“ und „Merkel-Zombies“ vorzugehen.

Die Anklagevertretung sah am Oberlandesgericht Dresden den Beweis erbracht, dass sich die Männer im Alter zwischen 22 und 32 Jahren der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gemacht haben. Bei fünf Beschuldigten kam zudem schwerer Landfriedensbruch hinzu, bei einem noch eine Körperverletzung.
Die Vertreter der Anklage attestierten allen Beschuldigten erneut eine nationalsozialistische Gesinnung, die offen oder auch im Chat zur Schau getragen wurde. Dort tauchte nicht nur als Gruß die Zahl 88 auf, die in der rechtsextremen Szene als Synonym für Heil Hitler steht, sondern auch das Foto eines Stückes Seife mit der Anmerkung: „Anne Frank mit 15“ (Jahren). „Das zeigt, wessen Geistes Kind sie sind“, sagte die Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk, die im Prozess einen Nebenkläger vertrat. Sie sah in den Planungen der Angeklagten eine „neue Klasse von Angriffen auf unsere Gesellschaft“.
Zuvor hatten mit Kai Lohse und Michael Glaser zwei Vertreter der Bundesanwaltschaft abwechselnd rund 90 Minuten lang plädiert. Lohse ging zunächst auf die Vorgeschichte der „Revolution Chemnitz“ ein. Ende August 2018 war am Rande des Chemnitzer Stadtfestes ein Deutscher bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Flüchtlingen getötet worden. Die Tat sorgte in den Tagen danach für Ausschreitungen und ausländerfeindliche Demonstrationen in Chemnitz. Am 10. September 2018 gründete sich die Gruppe „Revolution Chemnitz“ in einem Chat - mit viel Pathos, martialischen Sprüchen und dem Anspruch auf eine „Systemwende“ in Deutschland.

Plan: Rechtsextremistische Revolution mit allen Konsequenzen
„Hier geht es nicht um eine Scheiß-Kneipenschlägerei oder ein kleines Feuer in der Asylunterkunft, hier geht es um unser Land“, soll der Rädelsführer in einem Pamphlet geschrieben haben. Bundesanwalt Glaser beschrieb die Pläne. Die Rede sei gewesen von „effektiven Schlägen gegen den Feind“, von einer Revolution mit allen Konsequenzen - Bürgerkrieg, Machtvakuum und Opfern in der Bevölkerung. Dafür habe man sich Waffen besorgen wollen.
Am 14. September 2018 wurden bei einem „Probelauf“ auf der Chemnitzer Schlossteichinsel vermeintliche Linke und Flüchtlinge attackiert. Für den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, war aus Sicht der Anklage ein Anschlag in Berlin geplant.
Dass man konkrete Pläne dafür nicht aufklären konnte, ist Lohse zufolge nicht von Belang: „Für die Strafbarkeit spielt keine Rolle, ob die Straftaten dann später auch tatsächlich stattfinden“. Die Tat am Rande des Stadtfestes sei nicht der Ursprung der Gruppierung gewesen und biete keine plausible Erklärung für das nachfolgende Geschehen: „Anlass und Quelle war der Missbrauch des Verbrechens.“ Es habe nur als willkommener Anlass gedient, um Hass, Gewalt und Ausgrenzung zu rechtfertigen, die staatliche Ordnung angreifen und überwinden zu wollen. Basis dafür sei eine mörderische Ideologie gewesen - eine Ideologie, die letzten Endes auf Völkermord abziele.
Wer sich Lampen mit SS-Runen aufhänge und die Vernichtung von Menschen verherrliche, identifiziere sich mit dieser Ideologie, sagte Lohse. Wer so etwas mache, wolle „das Gegenteil von Deutschland“. Die Zerschlagung der Gruppierung sende ein klares Signal: „Wir sehen die Anklagepunkte hieb- und stichfest bewiesen.“ Für Spekulationen und Verschwörungstheorien bestehe kein Raum. Die Verhandlung habe ein glasklares Ergebnis erbracht.

DPA