Berlin: Elf-Punkte-Plan gegen rechtsextreme Polizisten
Wenn Polizeischüler Hakenkreuze in Tische ritzen oder Polizisten in Chats Nazi-Parolen benutzen, ist die Empörung groß. Gegen rechtsextreme Gesinnung bei Beamten will Berlin energischer als bisher vorgehen – mit einem Elf-Punkte-Konzept.
Berlin: Polizisten tragen bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni einen Mann. (DPA)

Die Berliner Polizei verschärft ihre Maßnahmen vor allem gegen rechtsextremistische Einstellungen bei einzelnen Beamten. Mit einem Elf-Punkte-Konzept sollen künftig sowohl die Vorbeugung als auch das konkrete Vorgehen gegen derartige Probleme verstärkt werden. Das kündigten Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Mittwoch an.
Zu dem „Konzept zur internen Vorbeugung und Bekämpfung von möglichen extremistischen Tendenzen“ gehören ein Extremismusbeauftragter in der Polizeibehörde, die Möglichkeit für anonyme Hinweise von Kollegen, Abfragen beim Verfassungsschutz, intensive Befragungen von Bewerbern und eine regelmäßige wissenschaftliche Studie zu Einstellungen und Werten der Polizisten.
Bei allen Neueinstellungen soll künftig der Verfassungsschutz zu möglichen Erkenntnissen über die Bewerber befragt werden. Überprüfungen sollen auch später wiederholt werden. Verdächtige Sachverhalte sollen nach einem fünfstufigen Ampelsystem in Kategorien eingeordnet werden, um sie vergleichbar zu machen. Bei Rot und Orange sollen die betroffenen Polizisten entlassen werden. Eine Mitgliedschaft in der AfD sei allerdings noch kein Problem, sagte Geisel. Polizisten, die lange in Problemkiezen wie in Neukölln oder im Wedding arbeiten und bei denen es wegen der vielen und speziellen Kriminalität dort Anzeichen für eine fremdenfeindliche Einstellung gibt, sollen künftig schneller in anderen Stadtteilen arbeiten können.
Geisel sagte, aus den vergangenen vier Jahren gebe es derzeit 33 Disziplinarverfahren wegen extremistischer Vorfälle. Bei 25.000 Polizisten und Polizeiangestellten sei das nicht viel. „Aber jeder Fall ist einer zu viel.“ Es gehe bei rechtsextremistischen Einstellungen in der Polizei auch unter den Kollegen immer wieder um die Frage: „Schaut man hin oder schaut man nicht hin.“
Das Konzept sei auf viele Jahre angelegt und diene auch dem „Schutz der aufrechten Polizisten“ vor pauschalen Verurteilungen, so der Innensenator. „Es gibt immer wieder einzelne, die den ganzen Berufsstand in Misskredit bringen.“ Dagegen müsse man vorgehen, gerade weil die Polizei wegen ihrer besonderen Aufgabe „über jeden Zweifel erhaben“ sein müsse. Berlin folge damit anderen Bundesländern.
Die Koalition aus SPD, Linken und Grünen leitete in den vergangenen Monaten bereits weitere Maßnahmen zur Kontrolle der Polizei ein. Künftig wird es einen Polizei- und Bürgerbeauftragten geben, der Beschwerden über die Polizei nachgeht. Außerdem wurde das Antidiskriminierungsgesetz beschlossen. Es ermöglicht Menschen, die sich durch Behörden wie die Polizei etwa rassistisch behandelt fühlen, auf Entschädigung zu klagen.

DPA