Afghanistan: US-Abzug erhöht Druck – Ende der Luftbrücke noch diese Woche?
Der bevorstehende US-Truppenabzug aus Afghanistan könnte noch in dieser Woche das Aus für die Bundeswehr-Luftbrücke bedeuten. Das Verteidigungsministerium will derweil die Medienberichte „weder bestätigen noch dementieren“.
16.08.2021, Niedersachsen, Wunstorf: Ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe rollt über das Gelände vom Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover. (DPA)

Angesichts des bevorstehenden US-Truppenabzugs aus Afghanistan könnte die Bundeswehr ihre Evakuierungsflüge bereits in dieser Woche beenden. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Sicherheitskreisen erfuhr, könnte die Luftbrücke aus Kabul voraussichtlich schon am Freitag enden. Zuvor hatte es entsprechende Medienberichte gegeben, die das Verteidigungsministerium aber nicht bestätigen wollte. Berichte über einen möglichen Zeitpunkt könne er „weder bestätigen noch dementieren“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Wie die ARD berichtete, könnten die Rettungsflüge auf der Strecke von Kabul ins usbekische Taschkent „möglicherweise“ bereits am Mittwoch enden. Das bestätigten der ARD demnach mehrere Quellen. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sagte dazu: „Die Evakuierungen werden fortgesetzt, solange es geht und wir den Auftrag dafür haben.“

„Mit den Taliban verhandeln“

Die Bundeswehr evakuierte bis zum Mittwochmorgen nach Angaben des Verteidigungsministeriums insgesamt 4654 Menschen aus Afghanistan. Am Dienstag wurden demnach in fünf Flügen 983 Menschen ausgeflogen. Am Mittwoch wurden die Evakuierungsflüge fortgesetzt.

Das Ende der Flüge am Freitag konnte auch der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), nicht bestätigen. Klar sei aber, dass bei einem Abzug der USA am 31. August deren Partner zwei bis drei Tage vorher aus Afghanistan heraus müssten, sagte er am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Deshalb sei es ganz wichtig, dass afghanische Ortskräfte auch danach ausreisen könnten. Es gehe deshalb darum, mit den Taliban zu verhandeln.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), wollte ein Ende der Bundeswehr-Luftbrücke in dieser Woche nicht bestätigen. „Es bleibt unser Ziel, diese Operation möglichst lange durchzuführen, um möglichst viele Personen in Richtung Usbekistan zu evakuieren“, sagte Hardt im Südwestrundfunk. Die Gespräche dazu liefen auf allen Ebenen.

US-Abzugsplan „wird nochmal den Druck in Kabul erhöhen“

Das Festhalten der USA am Abzug aus Afghanistan bis 31. August wird nach den Worten des Chefs des Bundeswehrverbands die Lage in Kabul noch schwieriger machen. „Das wird nochmal den Druck erhöhen“, sagte Verbandschef André Wüstner am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Er wies auch darauf hin, dass in der von den militanten Taliban übernommenen Hauptstadt auch andere Terrorgruppen zunehmend aktiv seien. Sie würden sicher versuchen, „nochmal auf sich aufmerksam zu machen“, wie er sagte.

Die Europäer merkten, dass sie nun kleinere Truppenteile für den Abzug vorbereiten müssten. Natürlich plane auch die Bundeswehr Optionen für einen schnellen Abzug. Sie müsse nun sehen, dass sie über den Flughafen noch so viele einheimische Helfer der Deutschen mit ihren Angehörigen herausbringe wie möglich und dass die Soldaten heil zurückkämen. Danach müsse man sehen, dass man über Land, beispielweise über die Nordgrenze, noch Leute herausbringe. Aber: „Wir wissen: Aktuell können wir nicht jedem helfen“, sagte Wüstner. „Alle Versprechen wird man nicht halten können.“

„Man muss Lehren ziehen aus diesem Fiasko“, verlangte Wüstner. Europa sei nicht handlungsfähig. Ohne die USA im Rücken sei „deutsche Politik, europäische Politik, nur Beobachter großer und tragischer Ereignisse“. „Das heißt, dass man sich in der nächsten Regierung Gedanken machen muss, wie man selbst eigene militärische Handlungsoptionen entwickelt. Und das bedeutet natürlich auch, endlich mal Worten auch Taten folgen zu lassen und Militär entsprechend zu befähigen.“

Agenturen