Nach langer Wartezeit: Polen akzeptiert deutschen Botschafter
Nach Monaten bestätigt Polen den Amtseintritt des designierten deutschen Botschafters Arndt Freytag von Loringhoven. Wegen des familiären Hintergrunds hatte Polen Vorbehalte gegen den Diplomaten. Sein Vater war Adjutant in Hitlers Führerbunker.
 Der designierte deutsche Botschafter in Warschau Arndt Freytag von Loringhoven (DPA)

Nach einer mehrmonatigen Hängepartie hat die polnische Regierung dem Amtsantritt des designierten deutschen Botschafters in Warschau, Arndt Freytag von Loringhoven, zugestimmt. Das bestätigte Polens stellvertretender Außenminister Szymon Szynkowski vel Sek der Agentur PAP am Montagabend. Nachdem der bisherige Botschafter Rolf Nikel Ende Juni in den Ruhestand gegangen war, hätte sein Nachfolger seinen Posten eigentlich bereits antreten sollen. Polnischen Medienberichten zufolge gab es zunächst Vorbehalte gegen den deutschen Diplomaten wegen dessen familiären Hintergrunds. Der Vater des designierten Botschafters, Bernd Freytag von Loringhoven, bereitete demnach von 1944 bis Ende April 1945 als Adjutant in Hitlers Führerbunker die tägliche militärische Lagebesprechung vor. Es dürfte als Zeichen der Versöhnung gewertet werden, dass die Zustimmung des Gastlandes, das sogenannte Agrément, nun bekanntgegeben wurde. Denn am Dienstag wurde in Polen an den Kriegsbeginn vor 81 Jahren erinnert. Mit dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf das Nachbarland hatte am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg begonnen.

„Eine riesige unverheilte Wunde im polnischen Bewusstsein“

Polens Vizeaußenminister äußerte sich zu der besonderen Herausforderung, der sich der neue Botschafter angesichts der deutschen Vergangenheit stellen müsse. Die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs blieben „eine riesige unverheilte Wunde im polnischen Bewusstsein“, sagte Szynkowski vel Sek. In diesem Kontext sei die Position Deutschlands und deutscher Politiker von besonderer Bedeutung, betonte der Politiker der Partei der Recht und Gerechtigkeit (PiS). „Heute wissen wir, nach einer Reihe von Gesprächen mit den deutschen Partnern, dass sich der kommende Botschafter der fundamentalen Bedeutung dieser Angelegenheit für Polen bewusst ist“, sagte Szynkowski vel Sek. Von Loringhoven sei demnach bereit, sich „mit vollem persönlichen Engagement für die Vertiefung des Wissens der Öffentlichkeit über die historischen Themen des Zweiten Weltkriegs einzusetzen“.

Entscheidung Polens „überfällig“ gewesen

Der promovierte Biochemiker Arndt Freytag von Loringhoven war von 2007 bis 2010 Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes und von 2014 bis 2016 deutscher Botschafter in Tschechien. Zuletzt arbeitete er als Geheimdienstkoordinator für die Nato. Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, begrüßte die Entscheidung Polens, die „überfällig“ gewesen sei. „In unserem Verhältnis brauchen wir keine politischen Scharmützel“, teilte der 57-Jährige mit. Von Loringhoven sei ein erfahrener Diplomat, der sich „zeitlebens für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Polen eingesetzt“ habe. Am Montag hatte von Loringhoven gemeinsam mit dem polnischen Botschafter in Deutschland, Andrzej Przylebski, die Zweigstelle des Pilecki-Instituts in Berlin besucht. Das teilte das Museum bei Twitter mit. Dabei sei es unter anderem darum gegangen, wie man das Thema der nationalsozialistischen Besetzung Polens von 1939 bis 1945 in die deutschen Schulen bringen könne. Die 2017 gegründete Regierungseinrichtung ist dem polnischen Widerstandskämpfer Witold Pilecki gewidmet. Dieser ging freiwillig in die Gefangenschaft des Konzentrationslagers Auschwitz und informierte die westlichen Alliierten über die Verbrechen der Nationalsozialisten. Er wurde nach dem Krieg in einem kommunistischen Schauprozess wegen angeblicher Spionage verurteilt und hingerichtet. Später wurde er rehabilitiert.

DPA