EU-Außenbeauftragter: Flüchtlingsdeal mit Türkei „im gemeinsamen Interesse“
Eine Erneuerung des Flüchtlingsdeals mit der Türkei ist laut dem EU-Außenbeauftragten Borrell „im gemeinsamen Interesse“. Das Abkommen habe zu einem bedeutenden Rückgang der Flüchtlingszahlen geführt. Experten fordern mehr Hilfe für die Türkei.
EU-Außenbeauftrager: Neuer Flüchtlingsdeal „im gemeinsamen Interesse“ – Flüchtlingscamp in der Türkei (AA)

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich mittelfristig offen für eine „Erneuerung“ des vor fünf Jahren geschlossenen Flüchtlingspakts mit der Türkei gezeigt. „Ich denke, dass in Zukunft eine Vereinbarung dieser Art getroffen werden muss“, sagte Borrell am Montag nach gemeinsamen Beratungen der Außen- und Innenminister zur Migrationsfrage. Er verwies gleichzeitig darauf, dass das bisherige Abkommen weiter in Kraft sei und umgesetzt werden müsse. Die EU und die Türkei hatten das Abkommen am 18. März 2016 geschlossen, nachdem 2015 vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in Syrien hunderttausende Flüchtlinge nach Europa gekommen waren. Ankara verpflichtete sich dabei, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und gegen Schlepperbanden vorzugehen, die Flüchtlinge über die Ägäis in die EU bringen. Borrell verwies darauf, dass das Abkommen zu einem bedeutenden Rückgang der Flüchtlingszahlen und der Toten auf der östlichen Mittelmeerroute geführt habe. Laut EU-Kommission wurden seit März 2016 insgesamt 2140 Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht. Die EU habe ihrerseits sechs Milliarden Euro bereitgestellt.

Fünf Jahre Flüchtlingsdeal – Experten fordern mehr Hilfe für Türkei „Die Flüchtlinge sind noch immer da“, sagte Borrell. Die Türkei brauche deshalb weitere Unterstützung, um sie zu versorgen. Dies sei „im gemeinsamen Interesse“. Er sei deshalb sicher, dass es Gespräche geben werde, „um nach einer Erneuerung dieses gemeinsamen Engagements zu suchen“.

„Ein aktualisiertes Abkommen sollte mehr finanzielle Mittel enthalten und andere Migrantengruppen in dem Land einschließen“, sagte Sinem Adar, Wissenschaftlerin am Centrum für angewandte Türkeistudien (CATS) der Stiftung Wissenschaft und Politik.

In der Türkei gebe es zusätzlich zu den offiziell 3,6 Millionen syrischen Flüchtlingen etwa zwei Millionen nicht registrierte Migranten aus anderen Ländern, sagte der türkische Migrationsforscher Murat Erdoğan. Im Gegensatz zu den Syrern im Land, von denen sich die Mehrheit in der Türkei niedergelassen habe, würden einige von ihnen versuchen, in die EU zu gelangen. Die Alternative sei Abschiebung, „sie haben keine andere Option“, so Erdoğan. Beide Seiten müssten sich auf eine nachhaltige Lösung einigen. Sonst sei der Deal in seiner jetzigen Form zum Scheitern verurteilt, „da die Last unkontrollierter Migranten die Gefahr birgt, politische und soziale Umwälzungen in Europa und der Türkei auszulösen“. Beide Experten forderten, die Unterstützung nicht nur auf humanitäre Hilfe zu beschränken. „Es sollte auch Mittel und Projekte zur Integration beinhalten, weil die meisten der Syrer in der Türkei mit großer Wahrscheinlichkeit im Land bleiben werden“, sagte Adar.

Der EU-Staats- und Regierungschefs hatten bei ihrem Gipfel im Dezember erklärt, sie seien „bereit, syrischen Flüchtlingen weiterhin finanzielle Unterstützung zu gewähren“. Ein neues Milliardenpaket wurde aber bisher nicht geschnürt. Im vergangenen Jahren gab es jedoch bereits eine Anschlussfinanzierung von 485 Millionen Euro. Durch sie soll die Grundversorgung der Migranten und Schulbesuche von Flüchtlingskindern bis Ende 2021 weiter bezahlt werden.

Agenturen