Corona-Epidemie: Italien weitet Sperrzone auf 16 Millionen Menschen aus
Das Coronavirus stellt Italien laut Ministerpräsident Giuseppe Conte vor eine nationale Notlage. Die Bewegungsfreiheit von rund 16 Millionen Menschen ist eingeschränkt. In Deutschland sollen mehr Großveranstaltungen abgesagt werden.
Coronavirus-Ausbruch in Italien. (DPA)

Im Kampf gegen das neue Coronavirus schränkt Italien die Bewegungsfreiheit von rund 16 Millionen Bürgern im Norden drastisch ein.

Die Menschen in der wirtschaftsstarken Lombardei und 14 anderen Provinzen dürften nur noch mit triftigen Gründen aus den Zonen hinaus oder in sie hinein, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte. Betroffen sind unter anderem Mailand und Venedig. Unklar war am Sonntag noch, wie streng die Abriegelung ist: Conte sagte auch, es gebe keinen Stopp für Flüge und Züge.
In Deutschland stieg die Zahl der Infektionen innerhalb eines Tages um rund 50 auf nun 847 Fälle. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) weiter mitteilte, gibt es die weitaus meisten Fälle weiterhin in Nordrhein-Westfalen (392), gefolgt von Baden-Württemberg (182) und Bayern (148). Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erwartet wegen der Virus-Ausbreitung weitere merkliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch hierzulande. „Sicherheit geht vor. Daher werden noch mehr Großveranstaltungen abgesagt werden müssen“, schrieb er auf Twitter.
Weltweit haben sich inzwischen mehr als 100.000 Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der Erkrankung Covid-19 gibt es nicht. Die meisten Infizierten haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen, die binnen weniger Tage verschwindet, oder gar keine Symptome.
Tourismus in Italien eingebrochen
Das Auswärtige Amt in Berlin bemühte sich am Sonntag um Aufklärung, was die neu verhängten Maßnahmen in Italien für deutsche Reisende und Ausreisen aus den betroffenen Provinzen bedeutet. Aus dem Außenministerium hieß, die deutschen Auslandsvertretungen stünden bereit, um Deutsche in den Gebieten „bei Bedarf zu unterstützen“. Der Tourimus ist in Italien seit Ausbruch der Krise stark eingebrochen.
In Norditalien sollen die Sperrungen ab sofort bis zunächst zum 3. April gelten. Conte sagte, es handle sich nicht um „rote Zonen“ - aber eine Fahrt müsse einen Grund haben, die Polizei könne Menschen anhalten und nachfragen. „Wir stehen vor einer nationalen Notlage“, sagte der Regierungschef. Von den Sperrungen sind neben der Lombardei, dem wirtschaftlichen Herz Italiens, auch Städte wie Parma, Modena oder Padua betroffen.

Conte bestätigte überdies weitreichende Verbote, die für das ganze Land gelten. Alle Kinos, Theater, Museen, Sportclubs, Demonstrationen und viele andere Veranstaltungen müssen schließen oder fallen aus.
233 Menschen in Italien gestorben
Italien ist der Staat in Europa mit den meisten bestätigten Sars-CoV-2-Infektionen. Die Zahl der Infizierten und Toten steigt trotz umfangreicher Gegenmaßnahmen stetig an. Bis Samstag zählten die Behörden 5.883 Menschen mit einer Infektion. 233 Menschen davon sind gestorben. Am stärksten betroffen ist die Lombardei, gefolgt von der Emilia-Romagna und Venetien.
Der wirtschaftliche Schaden der Coronavirus-Epidemie für den Luftverkehr in Deutschland wird nach Einschätzung des Branchenverbandes BDL größere Ausmaße haben als frühere Krisen, wie Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow sagte. Auch der Reiseverband DRV verwies auf einen Umsatzeinbruch. Sowohl die Luftfahrt- als auch die Reisebranche pochen auf rasche Staatshilfen, etwa der vereinfachte Einsatz von Kurzarbeit. Die allermeisten Firmen hierzulande leiden unter den Folgen des neuartigen Virus: Jedes zweite Unternehmen erwartet 2020 nach einer Umfrage des Industrie- und Handelskammertags einen Umsatzrückgang.
Über Hilfen für betroffene Firmen wollte am Abend im Kanzleramt der schwarz-rote Koalitionausschuss beraten. Es zeichneten sich eine frühere Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine Ausweitung der Kurzarbeit ab.

Angesichts von Hamsterkäufen in Deutschland mahnen die Behörden weiter zu Besonnenheit. Michael Willms, zuständig für Bevölkerungsschutz im baden-württembergischen Innenministerium, sagte: „Angesichts von Corona macht es überhaupt keinen Sinn, irgendwelche Lagerbestände anzuschaffen.“ Bilder von leeren Supermarktregalen suggerierten möglicherweise Versorgungsengpässe. „Die gibt es aber de facto nicht.“
Chinas Außenhandel gibt nach
Deutlich zurück ging die Zahl neuer Infektionen in China. Seit dem Vortag kamen am Sonntag nur noch landesweit 44 Fälle hinzu - der geringste Wert seit Wochen. Seit Ausbruch des Coronavirus wurden in China mehr als 80.000 Infektionen registriert, von denen bislang rund 57 000 geheilt wurden.
Chinas Außenhandel ging vor dem Hintergrund der Coronavirus-Epidemie stark zurück. Insgesamt schrumpfte der Außenhandel im Januar und Februar um elf Prozent im Vergleich zu den ersten zwei Monaten des Vorjahres.
Beim Einsturz eines als Quarantäne-Unterkunft genutzten Hotels in der chinesischen Küstenstadt Quanzhou kamen mindestens zehn Menschen ums Leben. 23 Menschen wurden noch vermisst, berichtete der Staatssender CCTV. Nach dem Einsturz am Samstag wurden demnach 38 Menschen aus den Trümmern gerettet. Die Rettungsarbeiten mit Hunderten Einsatzkräften dauerten am Sonntag noch an.
Einem wegen mehrerer Coronavirus-Infektionen vor der Küste Kaliforniens gestopptes Kreuzfahrtschiff wurde gestattet, im Hafen von Oakland anzulegen. Das teilte der Kapitän der „Grand Princess“ laut US-Medienberichten den rund 3.500 Menschen an Bord mit. Die Ausschiffung soll mehrere Tage dauern. Passagiere, die ärztliche Hilfe benötigten, würden in Krankenhäuser gebracht, die anderen müssten in Quarantäne. An Bord waren zunächst 45 Menschen auf das neuartige Coronavirus getestet worden. Bei 21 von ihnen - 19 Crewmitgliedern und 2 Passagieren - wurde das Virus nachgewiesen.

DPA