Linkspartei von rechts: Die AfD auf ihrem Weg zur Zehn-Prozent-Sekte
Anders als früher kann die AfD nicht mehr von der Schwäche der Union profitieren. Seit Beginn der Pandemie tritt die Rechtspartei auf der Stelle – und jüngste Richtungsentscheidungen inklusive Nähe zu China könnten diese Entwicklungen zementieren.
AfD-MdB Roland Hartwig (m.) gilt als einer der entschiedensten Befürworter einer Annäherung an China und bestreitet Gräueltaten des Regimes in Peking gegen muslimische Uiguren. (AFP)

Die Flüchtlingskrise hatte ab 2015 zur Folge, dass die AfD unabhängig von internen Machtkämpfen und Skandalen regelmäßig bei Wahlen und Umfragen Ergebnisse im deutlichen zweistelligen Bereich erzielte. Mittlerweile stagniert sie bei 10–12 Prozent, deutlich unter dem Ergebnis der Bundestagswahl 2017. Sie kann von der Schwäche von Union und SPD nicht mehr profitieren. Wie die Linkspartei beschränkt sie sich zunehmend auf ein Milieu, das sich über ein gemeinsames, geschlossenes Weltbild definiert. Darüber hinaus vermag sie jedoch kaum neue Wähler zu gewinnen.

Ein Drittel der Wähler von 2016 verloren

Angetreten war die AfD 2013 mit dem Anspruch, Wählerschichten anzusprechen, die sich von den etablierten Kräften nicht mehr angesprochen fühlten: Arbeiter, die sich von Beamten und Intellektuellen in der SPD nicht mehr vertreten sahen; Ordoliberale, die der FDP Entscheidungen wie das Ja zur Eurorettung übel nahmen; Konservative, die sich von der Merkel-Politik marginalisiert fühlten. Sogar ehemalige Linkswähler wollte man ins Visier nehmen, die „soziale Gerechtigkeit“ ohne Gendersternchen und offene Grenzen wollten.

Heute ist davon eine politische Kraft geblieben, der zunehmend auch der Protestwert abgesprochen wird. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz büßte die AfD ein Drittel ihrer Wähler ein. Die meisten davon blieben zu Hause, andere wanderten zu FDP und Freien Wählern ab.

Einer der wesentlichen Gründe dafür ist, dass die AfD in der Corona-Politik an ihrem eigenen Zielpublikum vorbei agitiert. Während viele Berufstätige Unmut über Lockdown-Politik und schlechte Leistungen der Regierung in Bereichen wie Maskenbestellung, Corona-App, Tests und Impfungen verspüren, lehnen sie niedrigschwellige Schutzmaßnahmen oder die Immunisierung durch die Corona-Schutzimpfung nicht ab.

Ideologische Echokammer statt Alternative

Die AfD hat sich hingegen auf ihrem jüngsten Parteitag auch offiziell zum Sprachrohr radikaler Impfgegner und Gruppierungen gemacht, die grundsätzlich jedwede Anstrengung zur Eindämmung zur Pandemiebekämpfung ablehnen. Dabei ist deren Rückhalt in der Bevölkerung gering: Selbst in Baden-Württemberg, einem Schwerpunktgebiet der „Querdenken“-Bewegung, kamen zwei Listen, die dieser nahestehen, insgesamt bei der Landtagswahl nur auf zwei Prozent.

Aber auch in anderen Bereichen präsentiert sich die AfD als radikale, ideologisch vernagelte und zum Teil unverhohlen menschenfeindliche politische Sekte, die nur noch Ressentiments bedient statt Lösungen anzustreben.

Forderungen wie jene nach Kopftuchverboten, forcierter Assimilation von Minderheiten oder einer De-facto-Verbannung einer gesamten Religionsgemeinschaft aus dem öffentlichen Leben offenbaren ein Weltbild, dessen Verfallsdatum eigentlich schon ins 19. Jahrhundert zurückreicht.

Der tief eingebrannte Hass auf den Islam, kaum verhohlener Rassendünkel und die radikale Ablehnung der Institutionen des Staates haben mittlerweile sogar zur Folge, dass Funktionäre der AfD offen die totalitäre Diktatur in China zum Vorbild erklären.
Bereits nach den Europawahlen 2019 hatte der damalige Vorsitzende der „Jungen Alternative“ in Berlin, David Eckert, gefordert, als Beitrag zum „Klimaschutz“ Entwicklungsländern eine Ein-Kind-Politik nach chinesischem Vorbild aufzuzwingen.

Höcke umgarnt Genozid-Versteher

Führende Köpfe der parteinahen Stiftung solidarisierten sich damals mit ihm. Stimmen von Kritikern, die darauf hinwiesen, dass eine solche Politik dem verfassungsmäßigen Auftrag des Schutzes der Menschenwürde zuwiderliefe, wurden aus Diskussionsforen entfernt.

Offenbar um eine Koalition zum Sturz des amtierenden Bundessprechers Jörg Meuthen zu schmieden, umgarnt Ex-„Flügel“-Chef Björn Höcke mittlerweile den geschassten früheren Verfassungsschutz-Beauftragten und MdB Roland Hartwig. Dieser wurde zuvor eigentlich zum „bürgerlichen“ Lager in der AfD gerechnet. Hartwig hat jedoch nicht nur im Bundestag deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht zu viele Afrikaner geboren werden. Er umschreibt zudem die Gräueltaten des KP-Regimes an den muslimischen Uiguren als „forcierte Integration der Uiguren in die chinesische Moderne“.

Etwas dezenter formuliert der als katholisch-konservativ auftretende MdEP Maximilian Krah seine Offenheit gegenüber dem chinesischen Regime. Er fordert, Huawei am Ausbau des 5G-Netzes zu beteiligen, weil dies die „deutsche Souveränität“ schütze, und lässt sich vom Regime zu Reisen nach Peking einladen. Vom Magazin „Panorama“ auf Geburtenkontrolle und Abtreibungen angesprochen, die den Uiguren von der KP-Führung aufgezwungen werden, spricht Krah von einer „massiven Desinformationskampagne bezüglich China“.

Chef der Jugendorganisation sieht Chinas Modell als „zukunftsfähig“

Die jüngste Huldigungsadresse aus der AfD an die antitheistische Völkermord-Diktatur kommt vom Bundesvorsitzenden der vom Verfassungsschutz beobachteten „Jungen Alternative“ (JA), Marvin T. Neumann.

Dieser erklärte am Samstag auf seinem – mittlerweile gelöschten – Twitter-Account, es handele sich beim chinesischen Modell um die „im Groben sinnvollste Form zukunftsfähiger Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen“. Dies gelte es „für Europa zu formulieren“. Der „völlig fragmentierte Westen“, so betont Neumann explizit, bedürfe einer „Neuordnung, zwecks integraler Gesellschaftsformung, von Wirtschaft bis zur Religion“. Solange dies mit einer Entrechtung von Muslimen verbunden ist, scheint man in der AfD also auch bereit zu sein, christliche Gemeinschaften mit über die Klinge springen zu lassen.

Immerhin passt nun aber auch die radikale Impfgegnerschaft in der AfD ins Bild: Gelänge es auf diese Weise, die Impfkampagne zu untergraben, würde Deutschland noch länger im Lockdown bleiben. Dies würde es für Peking noch günstiger machen, die angeschlagenen Wirtschaftsunternehmen aufzukaufen.

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