Stürme, Überschwemmungen und weitere wetter- und klimabedingte Extremereignisse haben in Europa in den vergangenen vier Jahrzehnten wirtschaftliche Schäden in Höhe von etwa einer halben Billion Euro angerichtet. Zwischen 1980 und 2020 beliefen sich die Gesamtschäden in den 27 EU-Ländern sowie der Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein und der Türkei auf 450 bis 520 Milliarden Euro (in Preisen des Jahres 2020 gerechnet), wie die EU-Umweltagentur EEA am Donnerstag in einer neuen Analyse mitteilte.
Mitteleuropa im Zentrum von Wetterextremen
Schätzungsweise drei Prozent aller extremen Wetterereignisse seien für gut 60 Prozent aller wirtschaftlichen Verluste verantwortlich gewesen, schrieb die in Kopenhagen ansässige EU-Behörde. Nur ein Viertel bis ein Drittel der Schäden seien versichert gewesen. Die Zahl der Todesfälle durch Wetterextreme dieser Art habe in diesem Zeitraum bei 85.000 bis 145.000 gelegen, darunter allein mehr als 85 Prozent durch Hitzewellen wie die verheerende des Jahres 2003.
Deutschland als bevölkerungsreichstes EU-Mitglied verzeichnete nach EEA-Angaben die insgesamt höchsten wirtschaftlichen Schäden aller 32 analysierten Staaten. Sie beliefen sich in der Bundesrepublik in den 41 Jahren von 1980 bis 2020 auf insgesamt etwa 110 Milliarden Euro. Dahinter folgten Frankreich und Italien. Pro Einwohner waren die Einbußen in der Schweiz am höchsten.
„Riesiger Zufallseffekt“ bei den Extremereignissen
Einen Vorwurf kann man einzelnen Staaten jedoch nicht machen, wie Wouter Vanneuville unterstrich, der sich bei der EEA mit wirtschaftlichen Aspekten der Anpassung an den Klimawandel befasst. Hohe Schadenszahlen in den vergangenen vier Jahrzehnten bedeuteten nicht zwangsläufig, dass sich ein Land nicht gut genug an extreme Wetterereignisse angepasst habe. „Es gibt einen riesigen Zufallseffekt bei den Extremereignissen“, sagte er. Manche Länder seien anfälliger dafür als andere. Man könne nicht sagen, welche EU-Länder am besten darauf vorbereitet seien.
Der Weltwetterorganisation WMO zufolge hat die Zahl wetterbedingter Katastrophen global betrachtet in den vergangenen 50 Jahren zugenommen. Dabei nahmen auch die Schäden zu, die Todesfälle aber ab. Ein klarer Trend zu höheren Schadenszahlen in Europa lässt sich aus der EEA-Analyse im Moment nicht ablesen. Man rechne mit der Zeit aber mit einem Anstieg, unter anderem deshalb, weil sich mehr wirtschaftliche Vermögenswerte in flutanfälligen Küstengebieten befänden, sagte EEA-Experte Vanneuville.
Anpassung an Klimawandel kommt voran
Gleichzeitig müsse man berücksichtigen, dass extreme Wetterereignisse meist völlig zufällig aufträten und dass europaweit außerdem viel bei der Anpassung an den Klimawandel getan werde. Alle EU-Mitgliedstaaten hätten mittlerweile Anpassungsstrategien oder -pläne. „Der Grund, warum man keinen Trend sieht, ist nicht, dass der Klimawandel nicht real wäre, sondern dass bereits viele Maßnahmen ergriffen werden“, so Vanneuville.
Die EEA stützte sich in der Analyse auf zwei Datenbanken des Münchners Rückversicherers Munich Re und der in Karlsruhe ansässigen Denkfabrik Risklayer. Zu wetter- und klimabedingten Extremereignissen zählt sie in erster Linie Stürme, Überschwemmungen, Waldbrände, Hitze- und Kältewellen sowie Starkregen und Dürren. Erdbeben und Vulkanausbrüche fallen nicht darunter - sie stellen zwar ebenfalls natürliche Gefahren dar, hängen aber nicht mit Wetter und Klima zusammen.
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